Günter Bresnik, das mentale Gequassel und die Schleife von Dominic Thiem

Marco Kühn
von Marco Kühn

Das mentale Gequassel geht mir auf die Nerven. Es geht um reine Konzentration und es ist Disziplinsache – Günter Bresnik

Eine interessante Thematik birgt die Diskussion um Dominic Thiem, seinen Trainer Günter Bresnik und die mentale Verfassung von Dominic. Bevor ich mich auf Disziplin, Konzentration und die eben mit diesen Aspekten verwandte Mentalität stürze, möchte ich kurz ein paar Worte zur Diskussion verlieren.

Dominic Thiem ist die Nummer fünf der Welt, besitzt ein herausragendes Potenzial in seinen Schlägen und hat wie kaum ein anderer Topspieler in den letzten Jahren seine Technik verbessert und optimiert. Wenn ich mich recht entsinne fallen mir nur zwei Spieler ein, die sich technisch in ihrer Karriere derart verändert und dadurch auch wirklich verbessert haben:

Roger Federer und Novak Djokovic.

All das gelang Dominic Thiem unter der Regie von Günter Bresnik.

Wer ein gutes Auge für den Tennissport besitzt erkennt, welch große Entwicklung Dominic insbesondere in den letzten zwei Jahren genommen hat.

Ich spreche hier ausdrücklich von der technischen und spielerischen Seite.

Aufschlag und Vorhand wurden technisch teilweise radikal verbessert. Die viel zu aufwendige Ausholbewegung beim Aufschlag wurde abgeschnitten.

Der Schläger geht direkter, ohne unnötige Umwege, in den Rücken. Eine ähnliche Verwandlung unternahm Novak Djokovic vor gefühlten Urzeiten mit seinem Aufschlag.

Die Schleife bei seiner Vorhand wurde optimiert. Sie ist nun nicht mehr so groooooß und rund.

Wer als Hobbyspieler schon mal versucht hat seine Aufschlagbewegung in diesem Maß umzustellen weiß, dass dies den gesamten Rhythmus verändert und sehr viel Training, Geduld und – aufgepasst – mentale Stärke benötigt.

Wer solche Veränderungen noch nie auf sich genommen hat und schlicht keine Ahnung hat, der sollte auch nicht auf Facebook altkluge Binsenweisheiten unter Beiträge über Dominic Thiem posten.

Um diese technische Entwicklung zu vollziehen benötigt es eben diese mentale Stärke, die Dominic derzeit abgesprochen wird.

Was ein vollkommenes Paradoxon darstellt.

Dies ist auch für dich als Spieler auf Clubebene wichtig:

Der Grundstein für großen Erfolg wird im Training gelegt, wenn kaum jemand zuschaut. Und nicht auf der großen Bühne, bei Turnieren im Match, wenn alle dich sehen und über dich urteilen.

Ein Spieler, der seine technischen Abläufe auf aller höchstem Niveau auf ein neues Level gehoben hat, kann unmöglich mental schwach sein.

Das wäre so, als würde man einem Bodybuilder nach sieben Jahren mentale Schwäche unterstellen, weil sein Bizeps seit drei Monaten bei einem Umfang von 56 cm stockt.

Wie will ein mental schwacher Athlet sich einen Bizeps von 56 cm antrainieren?

Es ist nicht möglich.

Konzentration und Disziplin

Mentale Stärke ist die Fähigkeit, in schwierigen Situationen die bestmöglichen Entscheidungen zu treffen, ohne von seinen Emotionen kontrolliert zu werden.

Die Mittel, um diese mentale Stärke zu entwickeln, sind Konzentration und Disziplin.

Wenn du als Clubspieler mental stärker werden willst, dann beginne jetzt sofort deine Schläge zu verbessern:

  • technisch
  • taktisch

Optimiere die Bewegungsabläufe bei deiner Vorhand. Kannst du bei dieser vielleicht Zeit einsparen, indem du deine Ausholbewegung verkürzt?

Wie steht es um deine Bewegung zum Ball hin? Triffst du die Vorhand stets optimal? Oder kannst du deine Schritte noch schneller, noch effizienter gestalten?

Spielst du in längeren Ballwechseln die richtigen Bälle? Oder bist du taktisch noch in der Krabbelgruppe aktiv?

Hinterfragen, optimieren, hinterfragen und optimieren

Was hat dieser Prozess mit Disziplin, Konzentration und eben mentaler Stärke zu tun?

Wann immer du etwas in deinem Spiel verändern und verbessern willst, brauchst du eine entscheidende Portion Konzentration.

Du musst die neuen Bewegungsabläufe in den Kopf und auf den Platz bekommen.

Du musst ein neues Gefühl entwickeln und kennenlernen.

Dies funktioniert nur über Konzentration.

Hast du die neuen Abläufe drin benötigst du Disziplin, um diese zu perfektionieren. Du willst ja nicht nur heimlich für dich etwas Neues einstudieren.

Du willst dein Spiel verbessern und deine neuen Fähigkeiten im Match einsetzen.

Dafür musst du Rückschläge in Kauf nehmen, die Kritik deines Trainers annehmen und immer weitermachen.

Auch wenn es mal schwer wird und nichts klappt.

Und erst in diesen Momenten entwickelst du mentale Stärke. Denn du triffst die richtige Entscheidung und gehst den Weg der Entwicklung weiter.

Du lässt dich nicht von deinen Emotionen kontrollieren, die dir erzählen wie schwer und anstrengend alles ist.

Würdest du den Emotionen nachgeben, dann wärst du mental schwach. Hier hilft mentales Training.

Zurück zu Dominic Thiem

Dominic hat durch seine vielen Umstellungen in der Technik seiner Schläge und dem erfolgreichen Umsetzen auf dem Platz viel mentale Stärke gewonnen.

Was vermutlich der Grund für die genervten Reaktionen von Günter Bresnik zu dieser Thematik ist.

Nun passiert derzeit etwas, was jedem Menschen im Leben und jedem Tennisspieler im Sport passiert.

Dominic wird getestet.

Getestet durch Niederlagen, bittere Rückschläge und Zweifel.

Die Kurve des Erfolgs, auch im mentalen Bereich, verläuft immer so:

Dies ist vollkommen natürlich und gesund. Ich habe vorhin von Punkten geschrieben, die für eine Entwicklung wichtig sind.

Und genau an einem dieser Punkte ist Dominic nun erneut angekommen. Er wird ein wenig hin- und hergeschűttelt. Er wird mit Frust konfrontiert. Er wird teilweise verzweifelt sein.

Doch wird die mentale Stärke, die er definitiv besitzt und die ihm jetzt teilweise abgesprochen wird, ihn durch dieses Tief in neue Höhen katapultieren.

Hoffentlich zusammen mit Günter Bresnik.

Marco Kühn
Marco Kühn
Marco ist an der Grundlinie groß geworden und ehemaliger Jugendranglistenspieler. Heute hilft er mit seinem Blog Clubspielern besser Tennis zu spielen. Er schrieb bereits für tennisnet.com, tennisMAGAZIN, Tennis-Point und den Focus.

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2 Kommentare

Michael Bernhard
Michael Bernhard
Naja,einer der sein Spiel wirklich extrem verändert hat ist kein geringerer als Nadal!Um nicht also weit in die Ferne zu schauen fällt mir Cedric Marcel Steebe ein.Was der alles verändert hat im Vergleich zu seinen Anfängen ist schon dramatisch .Da steht jetzt ein komplett anderer Spieler.
Das Umstellen ist wirklich ein harter Prozess,der auch immer sehr riskant ist und nur wenige Trainer diese Verantwortung tragen wollen.Es geht halt oft die Natürlichkeit und das Selbstverständnis verloren.Am Ende hast du einen Spieler,,der nicht instinktiv handelt ,sondern mit dem Kopf agiert.Das macht den Spieler langsamer und berechenbarer.Das Beste ist,wenn man schon von Anfang an das richtige erlernt.Nur wenige haben das Glück gleich den richtigen Trainer zur Seite zu haben.Insofern ist es dann oft ein Prozess des Reparierens und Optimierens eines nicht perfekten Zustandes.Die Frage ,die sich ein guter Trainer halt schon sehr früh stellen muß:,“Habe ich hier jemanden mit wirklich großen Potenzial und wie wird er spielen,wenn er Erwachsen ist?“Wie groß wird er werden?Wo liegen seine Stärken und wo die Schwächen.All das muß dann schon möglichst früh ins Training einfließen.Das heißt der Trainer muß eine Vision von dem Spieler haben.Diese Vision muß er dann im Dialog mit dem Spieler abgleichen,was ausgesprochen wichtig ist.Viele Spieler haben natürlich so ihre eigenen Ideen ,wie sie spielen möchten.Das unterscheidet sich zum Teil erheblich.Viele junge Spieler glauben sie wären Angriffsspieler ,weil sie ihre Möglichkeiten speziell was die Zukunft betrifft nicht richtig einschätzen können.Hier muß der Trainer ein Comitment finden ,wohin man arbeiten will .Das ist dann die Basis einer erfolgreichen Zusammenarbeit !
Was ich bei Bresnic -Thiem nicht verstehe,wie es kommt,daß sein Spiel so unmodern erscheint.Es ist spektakulär ,aber nicht so efficient ,wie modernes Tennis funktioniert.Seine Spielweise ist definitiv auf Sandplatz ausgerichtet.Im Profi -Tennis spielt man aber zu2/3 auf Rasen und Hardcourt .Körperlich sieht das alles zu aufwändig und verschleißend aus.Ich sehe viele Verletzungen auf ihn zu kommen.Da Bresnik aber schon seit frühen Jugendjahren mit Thiem arbeitet verstehe ich nicht, wieso er jetzt anfängt sein Spiel zu verändern und nicht gleich in der Jugend die richtigen Weichen gestellt hat?
Als ich Thiem das erstmal auf großer Bühne gesehen habe ,war mein erster Gedanke „Aua! der Junge wird früh mit Verletzungen zu tun haben“!Das sieht natürlich für Fernsehen und Zuschauer mega aus ,aber ist vollkommen übertrieben.Es fehlt jede Ruhe vor dem Schlag und erscheint hektisch .Das funktioniert auf Sand,aber auf Rasen und Hardcourt geht so natürlich jede Präzision verloren .Wieso Bresnic erst jetzt ,wo er sieht daß sein Schützling Schwierigkeiten bekommt ,mit den Korrekturen beginnt verstehe ich nicht und würde ich ihn gerne fragen?
Fabi
Fabi
Dieses Jahr ging es ja ganz gut los für Dominic, aber ab Mitte des Jahres nur noch Berg ab. Bin mir nicht sicher, ob Bresnik der optimale Trainer für ihn ist. Ich finde sein Spiel zu statisch und teilweise macht er viel zu hektische Bewegungen. Außerdem fehlt ihm manchmal der Spielplan. Es wäre interessant zu sehen was passiert, wenn Boris Becker mit ihm zusammen arbeiten würde. Was denkst du?

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