Wie mentales Training im Tennis funktioniert (inklusive Übungen und Routinen)

Marco Kühn
von Marco Kühn
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Liebst du das Spiel zwischen den Ohren?

Du interessierst dich für mentales Training im Tennis, aber hast noch keine Ahnung, wie das überhaupt funktioniert?

Dann habe ich fantastische Neuigkeiten für dich. 

In diesem Artikel wartet auf dich:

1) Die Grundlagen im mentalen Training im Tennis

2) Routinen und Rituale im mentalen Training

3) Mentale Matchroutine vor einem Medenspiel

4) Atemübungen für mentale Kontrolle im Wahnsinn eines Matches

5) Fallstudie eines LK-Spielers

6) Mentale Checkliste für dein nächstes Match

Das klingt gut?

Dann bleib dran.

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Grundlagen im mentalen Training im Tennis

Verbesserung bedeutet im Mentaltraining:

  • Mehr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten
  • Verbessertes Umsetzen der Trainingsleistungen im Punktspiel
  • Einsetzen neuer Schlagvariationen
  • Besseres Spielverständnis
  • Die Fähigkeit eigenständig seine Performance zu analysieren und darauf aufbauend bessere Lösungen auf dem Platz zu finden

Gleich vorweg: 

Wir bleiben realistisch. Tennis ist ein komplexer Sport. Wer dir verspricht, dass du innerhalb von einem Monat deutlich besser wirst, der erzählt dir ein Märchen.

Du wirst vermutlich ein wenig enttäuscht sein beim Lesen dieses Artikels. 

Die Methoden sind simpel. 

Der Artikel enthält keine hawaiianischen Heilmethoden, bei denen du auf dem Platz ein Feuer auf Höhe der T-Linie errichten musst. Es werden auch keine Yogaposen während deiner Seitenwechsel besprochen.

Und nein, du wirst auch keine Anleitung für das garantierte Verfluchen deiner Gegner erhalten.

Wie funktioniert mentales Training im Tennis?

Als Tennisspieler kannst du die folgenden Bereiche mental trainieren:

  • Konzentration
  • Ruhe zwischen den Ballwechseln
  • Ruhe beim Schlag
  • Matchvorbereitung
  • Zielsetzung
  • Motivation

Um nur einige zu nennen.

In der Studie The Effect of Mental Training on Precision Tasks in Tennis and Soccer aus dem Jahr 2012 steht:

"Vor allem im Profi-Tennis sind psychologische Strategien wichtige Instrumente zur Leistungssteigerung. Laut einer Umfrage von DeFranesco und Burke (1997) verwenden professionelle Tennisspieler Strategien wie mentales Training, Vorbereitungsroutinen, Entspannungstraining Zielsetzung und systematisch strukturierte Selbstgespräche, um ihre Leistung zu verbessern."

Mentales Training für Tennisspieler ist nicht die Lösung gegen alle psychologischen Probleme. Mentales Training unterstützt den Spieler. Das ist ein wichtiger Unterschied.

Viele Spieler finden mich, weil sie Lösungen für ihre Angst, Nervosität und ihre Blockade im Match suchen. 

Das Training für deinen Kopf dient allerdings deiner Leistungssteigerung.

Routinen und Rituale im mentalen Training

In ihrer Studie aus dem Jahr 2015 untersuchten Hegazy, K., Sherif, A. M. und Houta, S. S, wie sich mentales Training auf die Ausführung der Schläge im Tennis auswirken kann. 

Dazu führten Tennisspieler neben dem Training auf dem Platz zusätzlich mentale Übungen aus.

Bedeutet:

Sie trainierten zusätzlich auf der Couch liegend, ohne sich zu bewegen, ihre Grundschläge.

Das Ergebnis?

Eine Kombination aus dem Training auf dem Platz und einem mentalen Training führt zu den bestmöglichen Ergebnissen.

Heißt für dich:

Wenn du noch nicht die mentalen Hanteln schwingst, dann wird es langsam Zeit.

Ein kleines Workout mit 2-kg-Hanteln findest du hier:

Mentale Matchroutine vor einem Medenspiel (ca. 15–20 Minuten vorher)

Ritual: Die 90-Sekunden-Vision

Ziel: Fokus und Selbstvertrauen aktivieren, in den Flow kommen.

So geht’s:

  • Zieh dich kurz zurück (z. B. auf die Bank, in die Umkleide oder zum Warmmachen)
  • Schließe die Augen für 60–90 Sekunden

Stell dir Folgendes intensiv vor:

  • Wie du souverän auf den Platz gehst
  • Wie du einen guten ersten Vorhand-Winner entlang die Linie spielst - direkt ins Eck
  • Wie du nach einem Rückhand-Fehler mit Ruhe und Selbstvertrauen reagierst

Beende die Visualisierung mit dem Satz:

„Ich spiele Punkt für Punkt. Ich bin bereit.“

Warum funktioniert das?

Dein Gehirn reagiert auf deine Vorstellung fast wie auf die echte Realität. Du bereitest es mental auf Sicherheit und Kontrolle vor – statt auf Nervosität. Das ist das, was viele Tennisspieler völlig falsch machen.

Sie nutzen mentales Training gegen sich - nicht für sich.

Ritual: Die „3 Punkte“-Aufschlagroutine

Ziel: Körperliche Verankerung von Ruhe & Fokus vor Spielbeginn

Vor dem ersten Aufschlag (egal ob Auf- oder Rückschlag):

  • Drei tiefe Atemzüge (z. B. 4-2-6-Methode)
  • Drei Ballkontakte vor dem Aufschlag (z. B. tippe den Ball 3x gleichmäßig auf den Boden – bewusst, nicht hektisch)

Drei kurze Affirmationen innerlich sprechen:

  • „Ich bleibe ruhig.“
  • „Ich bleibe meinem Matchplan treu.“
  • „Ich vertraue meinem Spiel.“

Warum es funktioniert das?

Routinen geben dir Sicherheit. Sie ersetzen Unsicherheit durch Automatismus. Besonders zu Matchbeginn hilft das enorm.

Mentales Training und die Beziehung zwischen Resilienz und Stress

Im Jahr 2016 untersuchte eine Studie unter der Feder von Richard G. Cowden insgesamt 351 Tennisspieler.

Cowden untersuchte die Auswirkungen von äußeren Stressfaktoren auf die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit von Tennisspielern.

Sein Ergebnis:

Die Spieler, die besser mit Stress umgehen konnten, waren geistig und körperlich leistungsfähiger.

Hier ein Auszug aus der Studie:

"In Anbetracht der potenziell schädlichen Auswirkungen von Stress auf das geistige und körperliche Wohlbefinden eines Sportlers (Crocker et al., 2015) sind MT und Resilienz vergleichsweise wichtig für den erfolgreichen Umgang mit Stressoren oder die Vermeidung der Auswirkungen von Stress beim Streben nach Spitzenleistungen (Gucciardi et al., 2008; Fletcher und Sarkar, 2012)."

Atemübungen für mentale Kontrolle im Wahnsinn eines Matches

Die richtigen Atemtechniken zur richtigen Situation im Match regulieren deine Emotionen

Dein Nervensystem beruhigt sich. Dein Puls geht runter.

Das sage nicht ich.

Das sagt die Studie Sports Performance and Breathing Rate: What Is the Connection? A Narrative Review on Breathing Strategies aus Basel. Nicht alt. Die Studie wurde im Mai 2023 veröffentlicht.

Obwohl nicht abschließend geklärt werden konnte, ob Atemtechniken enizig und allein für Erfolge reichen, stand nach der Studie fest:

Jeder Sportler kann durch gezielte Atemtechniken Konzentration und Fokus im Wettkampf verbessern.

In Sportarten wie Volleyball mag das nicht entscheidend sein. Für dich als Tennisspieler sind Ruhe zwischen den Ballwechseln, ein erhöhter Fokus und eine stabile Konzentration kleine Hebel zu einem besseren Tennis.

Mentales Training hat in meiner Arbeit das Ziel den Spieler mit einem besseren Gefühl im Punktspiel (oder auch gerne Match genannt) auszustatten. 

Du kennst sicherlich dein Gefühl, wenn du nach einem hektischen Arbeitstag im Büro direkt auf den Platz hetzt, beinahe noch mit Krawatte auf dem Platz stehst und hibbelig drei Vorhände in Serie zwei Meter ins Aus spielst. 

Du bist dann erst recht entnervt und die eigentlich schöne Stunde Tennis ist nach fünf Minuten bereits im Eimer.

Dein Gefühl für dich, für den Sport und die verschiedenen Spielsituationen ist essentiell, wenn du in Zukunft bessere Ergebnisse auf dem Platz erleben willst. Ein Kopf voller Zweifel, Ängste und Sorgen wird niemals deine tollen Trainingsleistungen im Match umsetzen können. 

Atemtechniken für ein besseres Mindset für den nächsten Ballwechsel

Damit du ein Gefühl für das mentale Training im Tennis bekommst, gehen wir jetzt vier simple Atemtechniken durch.

Diese wendest du zwischen den Ballwechseln an. Am besten, nachdem du dich über den letzten Fehler geärgert hast

Nutze Atemtechniken, um dich auf den nächsten Ballwechsel vorzubereiten. Nicht, um den letzten Ballwechsel zu verarbeiten.

Hier sind die vier Techniken:

4-2-6-Methode (Beruhigender Atemrhythmus)

Beruhigt das Nervensystem und reduziert Nervosität.

So geht’s (zwischen Punkten, beim Ballholen):

  • Einatmen durch die Nase für 4 Sekunden
  • Atem anhalten für 2 Sekunden
  • Langsam ausatmen durch den Mund für 6 Sekunden

2–3 Wiederholungen reichen oft schon

Tipp: Konzentriere dich beim Ausatmen darauf, die Schultern bewusst zu entspannen.

Box Breathing (Fokus & Gleichgewicht)

Wirkung: Senkt Stress und erhöht deine mentale Klarheit.

So geht’s (ideal in Satzpausen oder Seitenwechseln):

  • Einatmen für 4 Sekunden
  • Halten für 4 Sekunden
  • Ausatmen für 4 Sekunden
  • Halten für 4 Sekunden

Wiederholen für 2–3 Zyklen

Tipp: Stell dir ein Quadrat vor, bei dem jede Seite eine Phase des Atems symbolisiert.

Schnelles Reset mit 3 tiefen Atemzügen

Wirkung: Sofortiger körperlicher Reset nach einem ärgerlichen Punkt.

So geht’s (direkt nach dem Punktverlust):

  • Atme tief durch die Nase ein (bis der Bauch sich hebt)
  • Atme lang und kontrolliert durch den Mund aus

Wiederhole diese Technik 3-mal.

Kombiniere sie mit einem kurzen Mantra wie: „Nächster Punkt - Vamos!“

Atemfokus mit Zählhilfe (1 bis 5)

Wirkung: Trainiert Achtsamkeit und unterbricht deine negativen Gedankenspiralen.

So geht’s (z. B. vor dem Aufschlag):

  • Einatmen: Zähle im Kopf „eins… zwei… drei… vier… fünf“
  • Ausatmen: Zähle rückwärts „fünf… vier… drei… zwei… eins“

Optional: Wiederhole diese Technik 2-mal. Es ist ie verkehrt, sich mehr Zeit zwischen den Aufschlägen zu lassen. Besonders zwischen deinem ersten und zweiten Aufschlag.

Dieser Rhythmus hilft dir, deine Gedanken auf eine simple Zählstruktur zu lenken – besonders bei Aufregung vor wichtigen Punkten.

Fallstudie: Peter, 52 Jahre jung - mit Herz zwischen T- und Grundlinie unterwegs

Dein Charakter kommt immer mit auf den Platz. 

Wenn wir über mentales Training im Tennis sprechen, dann sprechen wir auch über den Charakter. Wir schauen uns zunächst Peter etwas genauer an und erstellen ein Profil.

Name: Peter

Alter: 52

Beruf: Unternehmer

Vater, Ehemann und stolzer Hundebesitzer

Charakter:

  • Ehrgeizig, zielorientiert, ehrlich und loyal
  • Will manchmal zu viel zu schnell
  • Der große Ehrgeiz setzt ihm manchmal Scheuklappen auf
  • Durch die hohe Arbeitsbelastung fehlt teilweise die Ruhe auf dem Platz

Tennis:

  • Rechtshänder, technisch durch einen Trainer im Verein gut ausgebildet
  • Schnell zu Fuß, aber unsicher in den Grundschlägen
  • Nach eigenen Angaben gute Vorhand, aber anfällige beidhändige Rückhand
  • Probleme die Stärken und Schwächen des Gegners zu erkennen
  • Geringes Spielverständnis
  • Kaum taktisches Wissen

Mentales Training beim Tennis für bessere Ergebnisse in Punktspielen

Der Kopf ist der Kapitän des Schiffes. Wenn der Kapitän in der rechten Hand eine Bierdose und in der linken ein Backfischbrötchen hält, dann hat er kaum noch Kapazitäten frei, um das Schiff zu manövrieren.

Peter musste im ersten Schritt eine wichtige Sache lernen: Er musste auf dem Platz weniger tun. In der Praxis sah das so aus, dass er ein bis drei Ziele für jedes Trainingsspiel bekam. Eine höhere Anzahl an Aufgaben verwirrt den Kopf und die darin befindlichen Gedanken nur. Je mehr ein Tennisspieler auf dem Platz denkt, desto verkrampfter wird die Vorhand.

Diese ein bis drei Ziele sahen wie folgt aus:

  1. Spiele zunächst höher über das Netz
  2. Schaue den Ball bewusst und aufmerksam an
  3. Konzentriere dich auf deine Beinarbeit

Ich stattete Peter mit diesen Aufgaben für den Kopf aus. Der Gedanke dahinter war, dass jede Aufgabe für den Kopf einen direkten und möglichst positiven Effekt auf sein Spiel haben sollte.

Höher über das Netz spielen = Mehr Sicherheit, besserer Schlagrhythmus
Ball anschauen = Sauberer Treffpunkt, mehr Kontrolle beim Schlag
Beinarbeit = Besserer Abstand zum Ball, besseres Gefühl

Ich könnte schneller als Stephen King einen ganzen Roman über die Fehler schreiben, die viele Spieler im Kopf regelmäßig begehen. In den letzten Jahren haben sich aber folgende Fehler auffällig oft wiederholt:

  • Das Vergleichen der Trainingsleistungen mit der Leistung im Match
  • Zu viele Gedanken auf einmal, die nichts mit dem Schlag zu tun haben
  • Philosophieren über den möglichen Ausgang des Matches
  • Ego

All diese Bereiche werden unweigerlich dazu führen, dass die eigene Leistung im Match wesentlich schlechter wird, als es das Potential eines Spielers hergibt.

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Peter war erstaunt, dass er weniger auf dem Platz tun sollte. Er war davon ausgegangen, dass er richtig was auf den Schläger bekam und richtig viel umsetzen sollte. Zaubersprüche, Meditationsübungen und okkulte Rituale. 

Das war aber ein Trugschluss. 

Es war im Falle von Peter wichtig, dass er auf dem Court möglichst wenig im Kopf hatte. Aufgrund seiner Arbeit und dem Stress, den er schon außerhalb des Platzes zu handeln hatte, war beim Tennis Einfachheit angesagt. 

Die einfachen Aufgaben sollten auch seinen Ehrgeiz bündeln. 

Ehrgeiz ist Energie. 

Leider wird diese oft in den falschen Bereichen eingesetzt. Das vorhandene Maß an Energie auf wenige und simple Aufgaben zu verteilen funktionierte im Falle von Peter hervorragend.

Wir hatten ein Stückchen weiter oben bereits besprochen, dass dein Charakter immer mit auf den Platz kommt. Das ist ein Paradebeispiel dafür, wie du dich mental auf deine Matches vorbereiten kannst - auf Grundlage deines individuellen Charakters.

Welche Fähigkeiten durch mentales Training im Tennis verbessert werden können

Der nächste wichtige Schritt zu einer spürbaren Verbesserung war das Spielverständnis, ergo die Spielintelligenz.

Ein kurzer Zwischenruf:

Viele Vereinsspieler sind auf dem Platz mit allerlei Dingen beschäftigt. Sie müssen sich extrem auf die Ausführung ihrer Schläge konzentrieren. Sie müssen das Timing zum Schlag managen. Hinzu kommt eine nervliche Belastung durch die Matchsituation. Dies sind nur ein paar Beispiele, was ein Spieler bei jedem Schlag im Match empfindet.

Die Emotionen sind unter anderem:

  • Aufregung
  • Freude
  • Wut
  • Frust
  • Verzweiflung
  • Hoffnung

Diese Emotionen sind stark und treten konstant auf. Du kannst dir jetzt vielleicht ungefähr vorstellen, warum du immer mal wieder das Verlangen verspürst den Netzpfosten mit deinem Schläger zu Kleinholz verarbeiten zu wollen. Das ist menschlich, normal und alles andere als schlecht.

Ende des Zwischenrufes ;-)

Peter sollte in der Lage sein die Geschehnisse während des Matches selbst analysieren zu können. Er sollte verstehen, warum etwas auf dem Platz passierte und was er direkt im nächsten Ballwechseln tun konnte, um das Ergebnis zu verbessern.

Hierzu ein kleines Beispiel:

Peter gab an, dass seine Rückhand unsicher war. Er fühlte sich mit diesem Schlag nicht wohl. Das sind alles tiefgreifende Aussagen, die aber noch nicht an den Kern der Sache stoßen. Ich analysierte mit Peter, warum denn seine Rückhand anfällig war. Spielte er sie zu kurz? Zu oft ins Netz? Flog sie permanent seitlich ins Aus? Ging die Kugel immer nach hinten raus ins Aus?

Die Antworten zu diesen Fragen sind wichtig, wenn man sein Spielverständnis schulen will.

Erst wenn du weißt, warum etwas nicht funktioniert, kannst du starten eigene Lösungen zu entwickeln. Ich nenne dies im mentalen Training das lösungsorientierte Denken. Leider verhaspeln sich viele Vereinsspieler in ihren Matches im problemorientierten Denken. 

Du, als mental starker Spieler, musst aber stets in Lösungen denken.

Wir analysierten, dass Peter die Rückhand zu oft ins Netz spielte. Er stellte dies in weiteren Matches fest. So konnten wir mentale Maßnahmen ergreifen, um seine Fehlerquote bei der Rückhand zu minimieren. Peter war in der Lage zu erkennen, wenn seine Rückhand zu oft ins Netz flog. Dieses Verständnis führte ihn dazu eine der drei Aufgaben für seinen Kopf umzusetzen:

Höher über das Netz spielen.

Wir hatten ein Problem und Peter konnte im laufenden Match ab sofort die Lösung für dieses Problem eigenständig auf den Schläger nehmen. Als Mentaltrainer im Tennis ist es nicht möglich sich selbst auf den Platz zu stellen und seinem Schützling zu helfen. Die Aufgabe des Mentaltrainers besteht darin seinem Schützling die Gedanken mitzugeben, die dieser nutzen kann, um die bestmöglichen Entscheidungen auf dem Platz treffen zu können. 

Ich zeige dir jetzt, welche psychologischen Auswirkungen dies auf Peter hatte.

Eines der größten Kopfprobleme von Tennisspielern ist das Gefühl der Hilf- bzw. Planlosigkeit. Dieses Gefühl kann für ein Match tödlich sein. Meist entsteht daraus ein nicht mehr zu brechender Kreislauf, der direkt in die Niederlage führt.

Damit Peter nicht in diese eben erwähnte Hilf- und Planlosigkeit abdriftet, entwarfen wir die auf seinen individuellen Charakter und seine Spielweise angepassten Lösungen. Dieses Wissen, diese Spielintelligenz, gab Peter ein Gefühl von Sicherheit. Ein Match verhält sich immer dynamisch. Es wird Phasen geben, die du dominierst und es wird ebenso Phasen geben, die dein Kontrahent dominieren wird. Deine Aufgabe besteht darin, beide Phasen ruhig, analytisch und lösungsorientiert zu spielen.

Es war für Peter wichtig diese Sicherheit im Match zu haben. Die Gedanken wirken sich direkt auf die Spielweise aus. Peter war vor dem Mentaltraining permanent in Unsicherheit und Zweifeln gefangen. 

Dies war selbstverständlich keine besonders gute Grundlage, um sein bestmögliches Tennis in Drucksituationen abrufen zu können.

Mentales Training: Checkliste für dein nächstes Match

Fast jeder Spieler steht nach 30 Sekunden wieder auf, um weiterzuspielen. Jetzt bleibst du drei Seitenwechsel 60 Sekunden länger sitzen. Das wird deinen Gegner rasend machen. Er wird dir dies nicht zeigen, aber innerlich wird er brodeln wie eine Linsensuppe im Winter.

Mach dir kurz vor dem Return die Schuhe auf und wieder zu. Übertreibe es nicht, aber integriere diese Finten in dein Spiel. Drehe dich kurz vor dem Return mit dem Rücken zum Gegner, um deine Saite zu richten. Lass dir vor deinem Aufschlag ein bisschen mehr Zeit, indem du zu deinem Gegner schaust und den Blickkontakt hältst.

Dein Gegner wird innerlich wahnsinnig, wenn du ihn zehn Sekunden anschaust und nicht aufschlägst.

Halten wir die Punkte, die deinen Gegner auf faire Weise in den Wahnsinn treiben können, kurz in einer Stichtwortliste fest:

  • bleib beim Seitenwechsel 90 Sekunden sitzen
  • suche den Blickkontakt vor deinem ersten Aufschlag und halte ihn für einige Sekunden
  • drehe, wie die einzigartige Maria Sharapova, deinem Gegner beim Return zunächst den Rücken zu
  • öffne deine Schnürsenkel und mache sie (bitte vergiss das bloß nicht) wieder zu

Diese Kleinigkeiten kitzeln die Emotionen deiner Gegner immer und immer wieder. Wenn dann noch ein paar leichte Fehler hinzukommen, hast du deinen Gegner auf vollkommen legitime Art und Weise aus der Ruhe gebracht.

Und das wird zu deinem Vorteil sein.

Dann drehst du das mentale Spiel um und entscheidest dieses zu deinen Gunsten. Tennis ist immer ein Fight im Kopf. Darüber schreiben wenige und noch weniger Trainer sprechen darüber. Es ist wunderbar, wenn du die Vorhand technisch perfekt spielen kannst und dein erster Aufschlag mit einer Quote von 75% kommt.

Unterschätze aber nie, egal wie nett dein Gegner auch sein mag, dieses psychologische Spielchen. 

Dieses Spielchen kann ein Match drehen, die Dynamik von einem Ballwechsel zum anderen ändern und eine echte Waffe in deinem Repertoire für mentale Tipps werden.

Marco Kühn
Marco Kühn
Marco ist an der Grundlinie groß geworden, ehemaliger Jugendranglistenspieler und heute Tennis-Mentaltrainer für das verzwickte Spiel "zwischen den Ohren", wie Boris Becker so schön sagte. Er schrieb bereits für tennisnet.com, tennisMAGAZIN, Tennis-Point und den Focus.

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10 Kommentare

Niner
Niner
Hallo Marco!
Habe deine Tipps ausprobiert - bewusstes Atmen zwischen den Punkten und dem ersten und zweiten Aufschlag inklusive Ballholen ;-), also Zeit-Lassen zwischen den Aufschlägen. Bei mir hat es Wunder gewirkt: habe heute gegen meine Tenniskollegin (Linkshänderin) erstmals gesiegt und enorm an Selbstvertrauen durch das bewusste Atmen gewonnen (und gespürt, dass meine Gegnerin ins Zweifeln gekommen ist :-)) Während des Matches! Ein tolles Gefühl. Danke für Deine mentalen Tipps - bei mir hat’s gewirkt. Liebe Grüße Nina
Marco Kühn
Marco Kühn
Hey Nina,

vielen Dank für dein Feedback. Das ist ein gutes Beispiel, wie simple mentale Übungen funktionieren können.

Viel Spaß weiterhin mit der Filzkugel!

Marco
Andreas Kraus
Andreas Kraus
Hallo Marco,
Ich bin noch 60 Jahre jung und spiele Tischfussball, Challenger und auch immer mal wieder Weltranglisten Turniere sowie in der Mannschaft in der 2.Senioren Bundesliga. Tischfussball nennt man bei uns auch "Hochgeschwindigkeitsschach" nichts passiert durch Zufall und reagieren ist nur sehr bedingt möglich. Es geht darum zu antipizieren, das Spiel des Gegners zu lesen, Lösungen zu finden und wir in 5 Gewinnsätzen jeweils bis 5 Tore oft im 5. Satz beim Stand von 4:4 durch den letzten Ball entschieden...Da geht's um Mindset, Matchplan, mentale Stärke, Nerven usw. etc. pp...Jetzt verstehst du vlt auch warum ich als nicht Tennisspieler deine Blogs so liebe.
Sie geben 1:1 die Probleme in meinem Sport wider und zeigen Lösungen auf wodurch ich mich weiter entwickelt habe, DANKE
Gruß Andreas ⚽️🙌👌
Marco
Marco
Hi Andreas,

danke für dein extrem cooles Feedback 👍 Ja klar, die Prinzipien sind natürlich auch auf andere Sportarten anzuwenden. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg auf deiner mentalen Reise und viele coole Partien am Tisch!

Marco
Ronny Schneider
Ronny Schneider
Hallo Marco,

mal wieder ein sehr sehr interessanter Artikel über ein Thema das gerade viele Amateur-Spieler so extrem vernachlässigen.

Wir fokussieren uns auf unsere Vorhand Technik. Wollen den technisch saubersten Schlag spielen, um im Match den Gegner vom Platz fegen zu können. Aber dann machen die meisten schon den ersten Fehler und vernachlässigen ihre Schwächen. Zum Beispiel die Rückhand oder vielleicht die Fitness.

Über viele Jahre hinweg konnte ich wegen beruflicher Umzüge dieses Schauspiel in den verschiedensten Vereinen und Gruppen beobachten. Überall ist es doch ähnlich. Taktik ist da genau so eine Sache. Die fällt gern in täglichen Training mal hinten über.

Ganz zu schweigen davon, dass viele nicht wegen des Trainings zur Anlage fahren. Vielmehr um mit den Kumpels hinter einen zu saufen. Was ich nicht verurteilen will. Kommt natürlich auf die eigenen Ambitionen an. Aber wer besser werden will und einen Trainer bezahlt, sollte das Trinken meiner Meinung nach auf andere Tage verlagern.

Dann wäre da noch die Einstellung zum Training. Als Mannschaftsführer weiß ich zu Genüge, dass viele der Teamkollegen nicht so mega motiviert sind. Doch gerade dort kann ich viel Probieren, mich mit der richtigen Einstellung verbessern. Intensiv habe ich mich als Mannschaftsführer auch mit den Übungen im Training auseinander gesetzt. Wenn der Trainer nicht da war, bin ich immer gefragt worden was wir denn machen könnten. Ich weiß zwar nicht, was mich dafür qualifizierte, bin ja kein Trainer.

Aber ich habe mich dazu belesen und dann brav geliefert. Viele der Übungen (und Tipps) habe ich heute sogar auf meinem Blog niedergeschrieben: https://www.sandplatz-tennis.de/tennis-training-effektiv-meistern/

Mentales habe ich da bisher allerdings nicht so behandelt. Aus eigener Erfahrung kann ich jedoch sagen, mentale Stärke ist im Tennis essenziell! Wer nicht an sich glaubt, verliert auf jeden Fall. In ein Match muss ich rein gehen und den Gegenspieler zerstören wollen. Mit voller Wucht. Egal wie meine und seine Fertigkeiten aussehen. Glaube ich nicht an meine Vorhand, kommt sie im Match auch nicht.

Selbst bei den Profis ist der Unterschied zwischen TOP 50 und TOP 20 der Weltrangliste die mentale Stärke. Weltklasse Spieler müssen noch mehr an sich glauben. Auch wenn das Publikum gegen sie ist, der Schiedsrichter eine Fehlentscheidung trifft oder an diesem Tag ständig ein Flugzeug über dem Platz kreist bei eigenem Aufschlag.

Darum: Seid stark, glaubt an euch und arbeitet daran diese mentale Einstellung unter Druck abzurufen.

Viele Grüße
Ronny
Fulvio
Fulvio
Marco Du bist ein Maestro Mentaltrainer. Vielen Dank für deine wertvolle Hilfe. Habe viele Audio Seminare von Dir, konnte vielen umsetzen. Danke 1a.
Fulvio
Fulvio
Sorry vieles umsetzen. 😉
Marco Kühn
Marco Kühn
Hey Fulvio,

Danke dir für dein tolles Feedback und das Lob.

Liebe Grüße
Marco
Lothar Bock
Lothar Bock
Sehr treffend formulierter Text. Für mich umsetzbar und deswegen auch hilfreich.
Hinweis: Tippfehler können ignoriert werden. Aber: Ein korrekt getippter Text erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Leser die Qualifikation des Autors akzeptiert und der Inhalt leichter verstanden wird.
Z.B.:
" Durch die hohe Arbeitsbelastung fehlt ich teilweise die Ruhe auf dem Platz"
" Wie wir zu Beginn erörtern haben ist das Gefühl auf dem Platz entscheidend."

Mit sportlichem Gruß
Lothar
Marco Kühn
Marco Kühn
Hey Lothar,

danke dir für dein Feedback und deinen Kommentar.

LG
Marco

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