4 erprobte Wege, die deine Konzentration beim Tennis verbessern (+ die 70 % Regel)

Marco Kühn
von Marco Kühn

Jaja, der Kopf und die Konzentration.

In diesem Artikel lernst du vier Wege, um deine Konzentration auf dem Platz schnell zu verbessern.

Auch wenn es natürlich viele wichtige Faktoren für ein erfolgreiches Tennismatch gibt: Der Erfolg beginnt im Kopf. Tennis wird im Kopf entschieden. Und das ein großer Teil der mentalen Stärke auch etwas mit Konzentration und Fokus zu tun hat, sieht man immer wieder bei unseren großen Vorbildern in den großen Matches ihrer Karrieren.

Leicht verständlich & anwendbar:

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Da stellt sich für uns „Hobbyspieler“ die Frage: 

Kann man Konzentration trainieren? 

Und wenn ja, wie?

Bevor wir zu schnell umsetzbaren Tipps zur Konzentration auf dem Platz kommen, möchte ich mit einem großen Mythos aufräumen. Einem Mythos, der mich wütend macht, weil viele Spieler und Trainer falsch an das Thema Konzentration herangehen.

Denkst du, dass es möglich ist, ein gesamtes Match über voll konzentriert zu sein? Jeden Punkt konzentriert spielen zu können?

Meiner Meinung nach ist dies eine große Lüge. Es ist nicht möglich auf Abruf konzentriert zu sein – egal, wie viel es im Satz oder im Aufschlagspiel steht. Meine Theorie sieht anders aus.

Du hast ein ganz klar definiertes Budget an Konzentration zur Verfügung. Dieses Budget setzt sich aus deiner mentalen Stärke und deiner Kondition zusammen. Diese beiden Faktoren ergeben deine Fähigkeit zur Konzentration. Wenn du ein mental sehr starker Spieler bist, der trotz hochkochender Emotionen logisch denken und Probleme lösen kann, du aber in einer körperlich schlechten Verfassung bist, wird dein Budget an Konzentration mittelmäßig sein.

Lesetipp: 5 mentale Übungen, die dein Tennis verbessern

Wenn du topfit und mental stark bist, wirst du dich besser konzentrieren können – und länger. Solltest du mental und körperlich schwach sein, wirst du von der Dynamik eines Tennismatches gnadenlos aufgefressen.

mcenroe

Tipp Nummer 1: „Den Fokus setzen“

Wie schnell lässt man sich ablenken? Von einem Zuschauer. Von Reaktionen eines Zuschauers. Von eigenen Fehler. Vom Gegner … Wie schnell bringt uns solch eine Ablenkung aus dem Rhythmus? Sofort.

Deswegen ist es äußerst hilfreich sich bereits vor dem Match klar zu machen, dass man sich heute nicht ablenken lässt. Heute bleibt der Fokus komplett auf dem Match. Ganz egal was passieren wird. Man erlebt es nicht allzu selten, dass durch teils lächerliche Ablenkungen ein ganzes Match verloren gegeben wird. Mit dem richtigen Fokus wird diese Möglichkeit ein Match zu verlieren aus dem Verkehr gezogen.

Bleib fokussiert!

Konzentration beim Tennis: Wie du deine chaotischen Gedanken während eines Matches kontrollieren kannst

Pippi sitzt im Garten auf dem Apfelbaum.

Sie schaut ungeduldig umher. Wenn ein Vögelchen zwitschert, schwenkt ihre Aufmerksamkeit zu dem Vögelchen.

Dann schaut sie auf das Grundstück der Nachbarn, auf den Rasen unter sich und auf das Haus vor ihr. Ohne groß zu überlegen, springt Pippi aus reiner Laune vom Baum hinab, läuft in das Haus und tut, was sie will.

Da Pippi stets tut was SIE will herrscht Chaos im Haus. Von der Decke seilt sich ein Affe ab. Ihr Pferd trägt einen Kanister um den Hals. Die Wände sind mit pinken Farben auf alter Tapete beschmiert.

Viele Tennisspieler sind wie Pippi Langstrumpf.

Sie tun was sie wollen, aber nur selten das Richtige. Sie halten sich fast nie an simple Regeln, die eigentlich unmissverständlich sind. Sie lassen sich auf dem Platz, während eines Matches, von ihrem selbst erzeugten Chaos leiten.

Ein ganz aktuelles Beispiel ist Nick Kyrgios.

Auch der Australier ist genial, tut aber ausschließlich was ER will und nicht das, was richtig wäre. Er hält sich an keine Regeln und zieht dadurch das pure, ungefilterte Chaos wie ein Magnet an sich.

Nick Kyrgios und das Chaos

Das Chaos kontrolliert Nick. Und nicht Nick das Chaos.

Ebenso wie Pippi Langstrumpf ist Nick Kyrgios lustig, mutig und spontan.

Doch vergisst der Australier, dass diese Eigenschaften Chaos auf dem Platz verursachen.

Wäre Erfolg eine gerade Linie und Chaos würde für die Ausreißer in dieser Linie sorgen, hätte Nick Kyrgios eine sehr zackige Linie.

Die Linie von Roger Federer hätte dagegen nur ein paar kleine Wölbungen.

Siehe Grafik:

kyrgios federer chaos linie

Die Kyrgios-Federer-Chaos-Linie

Chaos ist alles, was dich als Tennisspieler von dem in dir schlummernden Potenzial abhält. Es ist eine deiner größten und komplexesten Aufgaben, dieses Chaos möglichst ruhig zu halten

Das ist der Grund, warum fast jeder gute Trainer weiß, dass der Erfolg im Detail verborgen liegt.

Das Chaos ruhig zu halten ist simpel, aber nicht einfach.

Konzentration heißt: Lerne mit dem Chaos zu jonglieren

Du kannst das meiste Ballgefühl, die beste Vorhand und den härtesten Aufschlag in deinem Club haben. Derjenige, der mit dem Chaos auf dem Platz besser umgehen kann, wird dich schlagen.

Ich habe mich selbst geschlagen

– eine oft getroffene Aussage von einem Tennisspieler nach einem verlorenen Match. Nicht selten von dem eigentlich besseren Tennisspieler.

Diese Aussage impliziert, dass dieser Spieler nicht mit dem Chaos während des Matches zurechtgekommen ist.

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Das Chaos sind alle Umstände und damit einhergehenden Emotionen, die sich dir auf dem Platz in den Weg schmeißen und dich beim Entfalten deines Potenzials bremsen wollen:

  • ein Zuschauer der Beifall klatscht, nachdem dein Gegner den Punkt durch einen Netzroller gewonnen hat
  • Wut
  • ein Doppelfehler bei 15:40, bei dem dein zweiter Aufschlag von der Netzkante ins Aus fliegt
  • Frust
  • eine herausragende Phase deines Gegners, wenn er drei Aufschlagspiele in Serie fehlerfrei spielt
  • Verzweiflung
  • das Durchsetzen deiner inneren Zweifel in deinen Gedanken, wenn dein vorher ausgedachter Matchplan nach hinten losgeht
  • Angst

Der Spieler, der mit diesen Umständen und Emotionen am besten umzugehen weiß, wird seinem Potenzial am nächsten kommen.

Du kannst dir diese Umstände und Emotionen wie kleine, hässliche Gremlins vorstellen, die dich immer wieder von der Schatztruhe weg schubsen.

Dabei gehört die Schatztruhe eigentlich dir.

Was Pipi Langstrumpf mit deiner Konzentration zu tun hat

Wie kannst du aus den riesigen Stiefeln der Pipi Langstrumpf emporsteigen und dich dem Chaos stellen, anstatt immer das zu tun, was DU willst?

Setze dir für dein nächstes Trainingsmatch eine einfache Aufgabe:

Finde für alle Probleme, mit denen du auf dem Platz konfrontiert wirst, eine rationale Lösung.

Nicht die Lösungen, die dein inneres Chaos, also deine Emotionen dir vorgeben.

Sondern die Lösung, die am vernünftigsten scheint.

Lass uns ein Beispiel durchgehen.

Du spielst gegen Harald.

Harald beginnt das Match mit seinem eigenen Aufschlag und trifft vier von vier ersten Aufschlägen. Von diesen vier Aufschlägen landen drei auch noch an der Außenkante der Seitenlinie. Was ein Matchplan.

Du hast in diesem Aufschlagspiel keine Chance.

Deine Emotionen, deine Gremlins, sagen jetzt zu dir:

Ein Aufschlagmonster, dieser Harald. Warum spielt der beim TC Vorarlberg? Und nicht auf der ATP-Tour? So ein Mist, ich werde keinerlei Chance bei seinen Aufschlägen haben. Ich MUSS mit mehr Risiko bei meinen eigenen Aufschlagspielen servieren, um überhaupt irgendeine Chance zu haben.

Das, mein Tennisfreund, ist totaler Unsinn 😉

Das rationale Denken, die Lösung für dieses Problem, wäre folgendes:

Hervorragend. Harald hat sein Kontingent an ersten Aufschlägen bereits in seinem ersten Aufschlagspiel aufgebraucht. Jetzt bringe ich mein erstes Aufschlagspiel durch und danach werde ich bestimmt eine Chance kriegen direkt sein zweites Aufschlagspiel zu durchbrechen

Kontrolliere das Chaos und nähere dich Schlag für Schlag deinem wirklichen Potenzial.

Tipp Nummer 2: „Kondition = Konzentration“

Das kenne ich sehr gut von mir selbst 🙂

Mit einem Puls von 180 lässt sich der Ballwechsel wesentlich schwieriger spielen. Hier geht ein wenig vom eben erwähnten Fokus abhanden. Denn mit schwacher Kondition ist man mehr mit seinem Atem beschäftigt als mit allem anderen. Machen wir uns nichts vor: komplett aus der Puste geht unsere Konzentration ebenso komplett verloren.

Deswegen kommt man um Arbeit und Konditionstraining nicht drumherum. Je fitter wir sind, desto besser können wir uns konzentrieren und unseren Fokus setzen. Der fittere Spieler gewinnt zumeist die engen und hart umkämpften Matches. Auch, weil er sich in den entscheidenden Situationen besser konzentrieren kann.

sampras neu

Konzentration: Zen und der Grund, warum du eine Schlange im T-Feld brauchst

Aufmerksamkeit.

Zahllose Wörter wurden und werden darüber verloren.

Welcher Trainer hat noch nicht das Wort „Aufmerksamkeit“ genutzt? Es wird sich keiner finden lassen.

Aufmerksam soll der Gegner beobachtet werden. Doch kriegen manche Spieler teilweise nicht mal mit, ob ihr Gegner mit links oder rechts spielt.

Aufmerksam will der Ball angeschaut werden. Doch wissen einige Spieler selbst nach Jahren nicht, wie sich der Ball eigentlich dreht, wenn der Gegner Topspin spielt.

Aufmerksamkeit ist ein Wort. Der Sinn dahinter bleibt für die meisten Tennisspieler aber verborgen. Zu weit erstreckt sich der Begriff. Mit Aufmerksamkeit verbindet man schnell Konzentration und das bloße Hinschauen.

Genau das ist Aufmerksamkeit aber nicht.

Aufmerksamkeit ist Energie. Und diese muss entstehen. Ebenso wie Konzentration.

Auf dem Tennisplatz muss man alles um sich herum ausblenden.

Ich traf mal einen Spieler nach einem langen Match an. Das Spiel fand an einem heißen Sommertag statt. Die Asche war staubig und trocken. Das Match war auf einem guten Niveau.

Der Spieler den ich traf konnte mir genau sagen, wann welcher Zuschauer geklatscht hatte, obwohl er nicht hätte klatschen dürfen. Er wusste genau, dass sich der blonde Junge, der links von seiner Bank saß, öfters mit einem bunten Taschentuch die Nase geputzt hatte. Er wusste genau, dass die braunhaarige Dame mit dem roten, knappen Rock und dem schwarzen Top ihn stets anlächelte. Besonders regelmäßig vor seinem eigenen ersten Aufschlag.

Der Spieler verlor das Match knapp in drei Sätzen. Nach hartem Kampf und einem ständigen Auf und Ab.

Jetzt kommt der Clou.

Laut seiner Aussage war er voll konzentriert und aufmerksam auf dem Platz. Das gesamte Match über „im Tunnel“. Mental ausgelaugt sei er, gab er nach dem Match vor meiner Nase zu Protokoll.

Ja. Er mag aufmerksam und konzentriert gewesen sein. Aber nicht hinsichtlich des laufenden Matches. Natürlich sind Frauen am Spielfeldrand interessant. Doch fördern sie nicht die Leistung auf dem Platz.

Sein Budget an wahrhaftiger Aufmerksamkeit verbrannte er für Röcke und laufende Nasen.

Die Geschichte von der Schlange in deinem Zimmer

Jiddu Krishnamurti erzählt in seinem Buch „Einbruch in die Freiheit“ die Geschichte von der Schlange. Ein grandios-simples Beispiel, was Aufmerksamkeit wirklich ist.

Aufmerksam bist du, wenn du mit einer Schlange in deinem Zimmer eingesperrt bist. Dich interessiert dann nicht die laufende Waschmaschine, die Mahnung von Zalando oder der Streit mit deinem Partner.

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Dich interessiert, wie sich die Schlange bewegt. Wie groß und schnell sie ist. Wie elegant sie ihren furchteinflößenden Körper durch dein Zimmer chauffiert.

Du nimmst jedes noch so leise Geräusch war. Ein Knacken des Fußboden. Das Geräusch deiner Schritte. Das Zischen der Schlange. Du studierst, was die Schlange tut – was sie als nächstes tun könnte.

Du versuchst Lösungen zu finden, um diese Situation friedlich und schnell zu klären. Deine volle Aufmerksamkeit ist entfaltet. In solch einer Situation kannst du dein volles Potential – und noch mehr – abrufen.

Konzentration und die Frage: Wie kriegt man die Schlange auf den Platz?

Sieh dir den Ball genau an, wenn du zum Aufschlag bereit stehst. Sind die kleinen Haare der Filzkugel noch glatt und fest? Oder ähneln sie eher der Frisur von Ion Tiriac?

Fahre mit deinem rechten Fuß über die Asche. Ist der Boden rutschig? Ist er stumpf? Schaue, ob die Sandkörner grob oder eher winzig sind. Ob die Körner nah aneinander liegen oder sich schon weit voneinander entfernt haben.

Sieh zu deinem Gegner rüber.

Steht er nah an der Grundlinie? Oder will er eher defensiv returnieren? Steht er mehr Richtung Platzmitte oder äußerem Korridor?

Betrachte den Himmel und stelle dich auf die Sonne ein. Lausche dem Wind und finde heraus, wie du ihn für deinen Aufschlag nutzen kannst.

Gehe in Gedanken deine Aufschlagbewegung durch. Stelle dir vor, wie du den Ball ideal hoch wirfst. Wie du in voller Streckung, mit leichtem Absprung, den Ball genau in der Mitte der Schlägerfläche triffst.

Fühle dich so, als würde eine Schlange im T-Feld sitzen und nur dein perfekter Aufschlag würde sie verscheuchen können.

borg

Tipp Nummer 3: „Auf den Moment konzentrieren“

„Was wäre wenn …“

„Hätte ich doch lieber ….“

„Der vorletzte Ball von mir war doch gar nicht im Aus, er hat mich verarscht …“

Verabschiede dich von solchen „Gedankenspielen“. Sie stören nur Deine Konzentration, lenken negativ ab und bringen Dich aus dem Konzept.

Nichts anderes. Und seien wir ehrlich: Wie oft erwischen wir uns selbst bei solchen Gedanken?! 😉

Viel produktiver ist es, sich auf den nächsten Moment zu konzentrieren. Sei es der Ballwurf beim Aufschlag, die Ausholbewegung bei der Vorhand oder die Beinarbeit vor der nächsten Rückhand. Auch hier geht es wieder um: Fokus.

Du kannst dich auf Kleinigkeiten konzentrieren. Hier eine kleine Ideenliste:

  • überlege, wie du den nächsten Aufschlag/Return spielen willst
  • lege fest, ob du den nächsten Ballwechsel aggressiv oder passiv gestalten willst
  • binde deine Schnürsenkel auf und binde sie wieder zu
  • fege mit deinem Fuß Sandkörner von der Grundlinie
  • richte deine Bespannung und zähle die Längssaiten
  • suche nach einem Ballabdruck in Nähe der Grundlinie und überlege, ob du diesen Aus geben würdest

Wenn dir noch weitere nützliche Ideen einfallen schreibe einen Kommentar unter diesem Artikel.

Wir müssen uns auf das Positive, das Produktive fokussieren. Nicht auf die Gedanken, welche uns nur aus unserem Rhythmus bringen. Aus dem Rhythmus bringt dich alles, was negativ ist. Sehr negativ sind Selbstgespräche in denen man sich selbst komplett verurteilt und verflucht.

Wahrscheinlich kennst du auch Tennisspieler, die sich auf dem Platz selbst zerfleischen und dabei auch noch Spaß zu haben scheinen.

Tipp Nummer 4: „Konzentration bewusst trainieren“

Abschließend, als letzten Tipp: Training. Ebenso wie die Grundschläge können wir auch unsere Psyche, in diesem Fall unsere Konzentration trainieren. Achte bewusst auf die ersten drei Punkte aus diesem Artikel. Spiele bewusst auf Plätzen, auf denen es viele Störfaktoren geben kann (beispielsweise Lärm, windige Bedingungen etc.).

Auch wenn es in Trainingsspielen natürlich immer etwas lockerer zur Sache geht: Auch hier können wir ab und an für den Ernstfall proben und unsere Konzentration samt Fokus trainieren.

Konzentration: Wie du mit der 70%-Regel dein Ego besiegst und deine Leistung verbesserst

Wenn du etwas loslässt, bist du etwas glücklicher. Wenn du viel loslässt, bist du viel glücklicher. Wenn du ganz loslässt, bist du frei. – Ajahn Cha

Erwartest du auch immer das Beste? Das Optimale? Wenn du in einer Partnerschaft lebst, erwartest du, dass sich dein Partner immer angenehm lieb verhält. Idealerweise so, wie du es dir vorstellst.

Auf dem Tennisplatz wiederholt sich dieses Denkmuster. Du gehst mit einer ganz bestimmten Erwartungshaltung in das Match. Die Vorhand und der Aufschlag kamen in den letzten Trainingseinheiten so sicher wie die Bank von England.

Warum sollten sie also im Match nicht kommen?

Umso mehr wird dann deine Wut gekitzelt, wenn es im Match nicht läuft. Erst bist du nur ein wenig gereizt. Dann beginnt sich dein Fokus auf das Spielgeschehen langsam zu verabschieden. Schlussendlich hat deine Konzentration mit dem Match so viel zu tun wie Donald Trump mit Politik.

Nichts.

Deine Erwartungshaltung ist beim Einspielen bei 100%. Das ist natürlich nicht falsch. Natürlich sollst du 100% geben. Natürlich sollst du zu 100% fokussiert sein. Natürlich sollst du 100% Herz auf dem Court lassen.

Aber erwarte es doch nicht.

Über den 100% gibt es nichts. Du gibst dir selbst kaum die Möglichkeit dich zu überraschen oder deine Leistung zu übertreffen, die du dir vorgenommen hattest.

Wie um Rogers Willen willst du denn das Gefühl der Zufriedenheit in dir wach rütteln?

Auf diese Weise nicht.

Wir werden in diesem Artikel deiner Zufriedenheit und Bestätigung auf den Grund gehen. Denn ausschließlich Kritik wird dich in deiner Entwicklung nicht weiterbringen. Kritik gehört dazu. Sie muss sein. Doch ist es Lob und gutes Zusprechen, das in dir die Blockaden aufbricht um effektiv besser Tennis zu spielen.

Denkst du Roger Federer ist im Training ein grimmig dreinschauendes Ekel, welches jeden im Umkreis einer Schlägerlänge mit verbalen Giftpfeilen angreift?

Selbstverständlich nicht.

Erwartungshaltung anpassen

Die 70%-Regel ist simpel:

„Erwarte nicht immer das Beste. Erwarte 70% vom Besten. Und du wirst es wesentlich leichter haben“

Du musst also deine Erwartungshaltung anpassen. Egal auf welchem Niveau du spielst. Die 70%-Regel gilt auch für deine Stärken wie deine Vorhand.

Wie kannst du diese so wichtige Regel jetzt auf dein Spiel allgemein anwenden? Lass uns ein konkretes Beispiel dafür durchgehen.

Stell dir vor wir sitzen bei einem Pfefferminztee zusammen an einem Tisch. Wir sprechen dein nächstes Match durch und überlegen, was nicht perfekt laufen kann.

  • du wirst leichte Fehler machen
  • du wirst taktische Fehler begehen
  • dein Gegner wird einige gute Winner spielen
  • du wirst Linienbälle und Netzroller gegen dich haben

Ich denke du verstehst worauf ich hinaus will.

Dominic Thiem ist ein hervorragendes Beispiel für die 70%-Regel.

Vor seinem Halbfinal-Match gegen Rafael Nadal bei den French Open sagte er in einem Interview, dass er natürlich einige Vorhände von Nadal wird schlucken müssen. Dies sei unumgänglich.

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Konzentration: Was bedeutet dies aus psychologischer Sicht?

Wenn Dominic dann mit Nadal auf einem Platz steht und drei Vorhände um die Ohren bekommt bleibt Dominic entspannt. Er macht sich nicht verrückt und denkt:

„Oh nein. Rafa ist einfach unschlagbar hier. Was soll man gegen diese Vorhand nur machen? “

Stattdessen denkt er sich:

„Oktober. Das wusste ich ja, mein lieber Rafa. Aber was kannst du noch? Mit dieser Vorhand raubst du mir nicht meinen Glauben an den Sieg. Da musst du dir mehr einfallen lassen“

Der Unterschied zwischen diesen beiden Denkweisen hat direkten Einfluss auf deine Leistung auf dem Platz und das Ergebnis auf der Anzeigetafel.

Dominic, falls du das liest, schreib doch in einem Kommentar wie es tatsächlich war 🙂

Passe deine Erwartungshaltung an. Bleibe realistisch und bedenke immer die Dinge, die auf jeden Fall passieren werden. Und zwar gegen dich.

Bessere Konzentration durch mehr Zufriedenheit

Wenn man dem 9-jährigen Lukas im Training immer nur sagt was er falsch macht, was wird passieren?

Wird Lukas motivierter und leistungsfähiger?

Oder wird er irgendwann, mit der ermüdenden Dauer der Negativität, aufhören an sich zu glauben und damit auch aufhören sich zu entwickeln?

Zufriedenheit wird oft missverstanden, da sich viele Athleten darauf ausruhen. Dies ist aber eher Dummheit. Und damit eine andere Komponente. Zufriedenheit kann als Basis für die nächsten Schritte auf der eigenen Entwicklungsstufe genutzt werden.

Als Beispiel bleiben wir bei Lukas.

Lukas soll die Vorhand aus dem Halbfeld verbessern. Er verzieht jede Vorhand knapp seitlich ins Aus. Anstatt ihm aus dem knappen Aus einen Strick zu drehen, kann die gute Beinarbeit vor dem Schlag gelobt werden. Darauf aufbauend ist Lukas mit seiner Beinarbeit zufrieden, will aber mehr.

Er will den Winner aus dem Halbfeld.

Natürlich ist Lukas viel motivierter durch das Lob, als wenn verbal auf ihn eingeprügelt worden wäre.

Durch Zufriedenheit kann sehr wohl Verbesserung entstehen. Am Beispiel von Lukas und seiner Vorhand aus dem Halbfeld hast du vielleicht schon wieder die 70%-Regel erkannt.

70% des Schlages waren gut. Darauf kann aufgebaut werden. Wären 100% erwartet worden, wäre Lukas nur enttäuscht und frustriert gewesen. Die Basis zur Verbesserung wäre ihm unter den Sandplatzschuhen weggezogen worden.

Die 70%-Regel in der Praxis

Wie kannst du nun diese Regel in dein Spiel integrieren? Wende die 70%-Regel für all deine Auftritte auf dem Court an. Für dein Training. Für das Einspielen. Für deine Matches. Einfach für alles. Als Tennisspieler hast du gerade auf dem Platz ein größeres Ego als 90% aller anderen Menschen.

Akzeptiere dies.

Wenn du es schaffst die Regel anzuwenden wirst du Schritt für Schritt deine Leistung in vielen Bereichen deines Spieles verbessern.

Du stresst dich weniger. Du setzt dir kleine Ziele, anstatt immer einen Riesen zu jagen, den du nicht zu packen kriegst.

Du hast immer Luft nach oben. Du weißt um deine Stärken und Schwächen.

Du lernst dich als Tennisspieler besser kennen.

Die 70%-Regel bringt Coolness in deine verspannte Ansicht. Mach dich locker. Sieh alles nicht so ernst und mit stets finster Miene.

Manchmal ist weniger mehr.

Marco Kühn
Marco Kühn
Marco ist an der Grundlinie groß geworden und ehemaliger Jugendranglistenspieler. Heute hilft er mit seinem Blog Clubspielern besser Tennis zu spielen. Er schrieb bereits für tennisnet.com, tennisMAGAZIN, Tennis-Point und den Focus.

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2 Kommentare

Romina
Romina
Hallo Marco,
ich bin zufällig auf deine Seite gestoßen. Kompliment:-) Gefällt uns sehr gut.
2 meiner Tennis Kolleginnen und ich sind ein wenig auf der Suche nach Hilfe.
Wir sind "Trainingsweltmeister"..., früher haben wir Niederrhein-Liga gespielt, im Moment reicht uns 1-2 VL.;-) Leider spielen wir im Match so schlecht, dass wir jetzt nun irgendetwas dagegen tun wollen. Mehr Matches, mehr fremde Gegner....etc
Ich glaube sowas lässt sich wirklich nur durch ganz viel spielen auf Turnieren etc lösen? + die kleinen Tipps und Tricks die Du hier auf deiner Seite stehen hast, oder?
Wir vergleichen uns halt auch immer noch mit unserer Spielstärke als wir 20J.waren:-)
Du merkst schon..... Ein großes "Kopfproblem".
Über eine Rückmeldung würden wir uns freuen.
Liebe Grüße,
Die Tennismädels


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Marco
Marco
Hallo Romina und Co.

Toll, dass ihr den Weg zu tennis-insider.de gefunden habt.

Habt ihr schon eure Erwartungshaltung überprüft? :-)

Es klingt ein wenig so, als wenn ihr ZU sehr auf Ergebnisse fokussiert seid. Und nicht so sehr auf das Match. Dann passiert es oft, dass man sich verrennt. Geht die ganze Sache locker an. Konzentriert euch auf die simplen Dinge wie sicher spielen, gut bewegen, den Ball früh treffen. Lasst euch von ein paar Fehlern nicht entmutigen.

Wenn es weiterhin nicht klappen sollte wisst ihr ja wo ihr tennis-insider.de findet :-)

Gruß
Marco

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