
"Poah, was ein Brett!".
Der letzten Vorhand wird erstaunt hinterhergeschaut.
Peter hat den Gedanken just zu Ende gedacht, da kommt die Murmel wieder zurück.
Ralf hat das Brett sauber entschärft, in einen Slice gepackt und mit 3,8 km/h, drei Zentimeter mittig vor die Grundlinie von Peter gelegt.
Peter steht angewachsen wie eine frisch eingepflanzte Eibe einen Schritt hinter der Grundlinie.
Wie wird sein nächster Schlag aussehen?
Wird er gut zum Ball stehen? Oder besteht die Gefahr eines leichten Fehlers?
Lass uns das in den folgenden Zeilen herausfinden.
Stell dir einen Highway vor.
Du hast eine ellenlange Straße vor dir, die scheinbar kein Ende findet. Der Highway kann in einem Flow durchfahren werden. Ohne Kreuzung, Ampel oder andere Unterbrechungen. Du kannst John Coltrane voll aufdrehen, die Abendluft plus Aussicht genießen.
Fahrspur-Assistent und Tempomat erledigen den Rest - wie Jannik Sinner und Carlos Alcaraz die Konkurrenz.
Sobald ein Ballwechsel startet, bist du auf dem Tennis-Highway unterwegs.
Jede Unterbrechung deines Flows führt dazu, dass es dir schwerer fallen wird, dich gut zum nächsten Schlag zu stellen. Durch deinen Aufschlag oder Return kommst du sofort in die Bewegung.
Lass uns das kurz beim Aufschlag durchgehen.
Du servierst, der Ball verlässt deine Bespannung, du gehst in die Knie und machst dich sofort bereit für den nächsten Schlag. Würdest du nach deinem Aufschlag stur in der Gegend herumstehen, müsstest du dich erst wieder in die Bereitschaft für deinen nächsten Schlag bringen.
Du wärst auf dem Highway vor einer Ampel gestrandet.
Beim Return ist es ähnlich.
Dein Gegner serviert, du spielst den Return und bewegst dich sofort Richtung Platzmitte. Ob du je dort ankommen wirst, das entscheidet die Dynamik des Ballwechsels. Das entscheidet der nächste Schlag deines Gegners.
Aber du bleibst in Bewegung, deine Bewegungen bleiben im Flow und du verlässt den Ballwechsel-Highway nicht. Das gibt dir eine viel besser Option, dich gut zum nächsten Schlag stellen zu können.
Das Stehenbleiben nach einem Schlag unterbricht den Flow in deinen Bewegungen. Du kommst vom Highway ab.
In unserem Beispiel schaute Peter seiner Vorhand begeistert hinterher.
Er war vom Highway abgekommen.
Er hat sich weder zurück Richtung Mitte bewegt, noch hat er sich anderweitig auf den nächsten Schlag vorbereitet. So verlor er wichtige Millisekunden, um sich perfekt zum nächsten Schlag bewegen zu können.
Wir schreiben an dieser Stelle in unser Tennis-Tagebuch:
Bleibe nicht stehen nach einem Schlag. Bleibe in Bewegung.
Coach Vogl wurde früher feuerrot um die Nase, wenn wir Kids nach einem Schlag stehenblieben. Bereits im Einspielen flog er um uns herum und verbesserte:
" ... Vorhand spielen, Füße bewegen, nicht stehenbleiben!".
Er legte größten Wert darauf, dass wir während eines Ballwechsels keine Sekunde stur auf einer Stelle, auf dem ganzen Fuß, stehenblieben. Das hat sich so krass in meinem Kopf eingebrannt, dass ich es 30 Jahre später immer noch parat habe.
Niemals Stehenbleiben nach einem Schlag. Niemals auf der ganzen Sohle bewegen.
Aber warum war das Coach Vogl so wichtig im Verbandstraining? Das ist ein Mini-Detail, das scheinbar nicht entscheidend ist. Lass uns kurz überlegen, warum dieses Detail unserem Coach so wichtig war.
Bleibst du während des Ballwechsels keine Sekunde stehen, bleiben deine Bewegungen im Flow. Flow bedeutet Fokus. Fokus erhöht deine Konzentration auf den Ball. Du kennst das ja, wenn man im Ballwechsel nach drei Schlägen sein Timing verliert.
Bevor man dieses Timing verliert, verlierst du deinen Fokus.
Schau:
Allein das in die Knie gehen und das Verlagern des Körpergewichts nach unten, bringt dich in eine coole Fokus-Position.
Schau dir mal Jannik Sinner an.
Er spielt nahezu jeden Ballwechsel in einer Skifahrer-Position. Allein diese Körperhaltung sorgt für seinen schier unantastbaren Fokus in seinem Spiel. Der Typ hat fast keine Schwächephasen. Er kann sein Niveau unwahrscheinlich konstant halten. Diese Skifahrer-Position ist vermutlich einer der Gründe für diese irre Konstanz.
Deine geistige Haltung und deine Körpersprache sind Partner. Sie profitieren voneinander.
Sinner tippelt immer auf den Zehenspitzen. Er steht in seiner Skifahrer-Position niemals still. Wenn du dir eine gute Körperhaltung für dein Tennis abschauen willst, dann schau dir die Sinner-Skifahrer-Position an.
Coach Vogl wollte uns nicht wie beim Militär ständig in Bewegung sehen, weil er das witzig fand. Er wollte, dass wir vom ersten Schlag an in einen Flow für unsere Bewegungen kommen.
Flow bedeutet Bewegung. Stillstand führt zum Fehler.
Coach Vogl korrigierte uns mit simplen Anweisungen.
Er konnte gut erklären, sodass wir seine Lehren schnell umsetzen konnten.
Klappt das Umsetzen einer neuen Sache beim Tennis, macht das Spaß. Spaß führt zu mehr Spielfreude. Mehr Spielfreude führt zu besserem Tennis.
Was bedeutet das für dich?
Jupp, setze kleine Details perfekt um.
Jage kleine Verbesserungen.
Das ist der Motor deiner Entwicklung als Spieler. Wer keinen Spaß auf dem Court hat, der wird über Jahre oder gar Jahrzehnte stagnieren. Das sehen wir in jedem Tennisverein.
Welche Schritte brachte Coach Vogl uns bei?
Schau:
Ich habe es mir früher in meinen Gedanken so gemerkt:
"Split Step heißt: 'Ich bin bereit!"'. Ab auf die Zehenspitzen, um den Fokus weiter zu schärfen. Kleine Schritte zum Ball, damit der Abstand zum Schlag passt!".
Der Split Step ist mental das Öffnen der Schranke zum nächsten Schlag. Dieser signalisiert: "Vamos! Ich bin am Start!". Dein nächster Schlag beginnt mit dem Split Step. Dein nächster Schlag beginnt nicht mit dem Schlag. Das wird gerne unterschätzt.
Mit dem Bewegen auf den Zehenspitzen unterstützt du diese Bereitschaft. Hast du noch unseren Satz ein paar Zeilen weiter oben parat?
Deine Körpersprache und deine geistige Haltung sind Partner.
Du kannst mit deiner Körpersprache deine mentale Einstellung verbessern. So wie, wenn du völlig deprimiert und ängstlich im Match bist und wie ein nasser Sack zwischen T- und Grundlinie stehst.
Dir sehen die Zuschauer und dein Gegner an, dass du Angst hast.
Deine Körpersprache verrät deine innere Haltung. Du kannst mit deiner Körpersprache aber deine innere Haltung positiv beeinflussen.
Cool, oder?
Der letzte Punkt unserer 3er-Kette ist das bewegen mit kleinen Schritten zum Ball. Ich sehe in den Vereinen dieser Welt häufig Spieler, die mit großen Schritten zum Ball marschieren. Aber warum funktioniert das nur selten?
Warum stehst du so oft zu eng am Ball oder läufst in den Schlag hinein?
Du nutzt zu große Schritte, um von deiner Position an der Grundlinie zum Ball zu kommen. Wenn du nur drei, vier Schritte zum Schlag machen musst, dann nutze kleine Schritte. Sie sind viel besser, um dein Timing zum Ball abzupassen. Wenn du große Schritte nutzt, dann machst du zwei Schritte und - Zack! - der Ball ist schon da. Du kannst dich nicht mehr richtig zur Murmel positionieren.
Ich habe es früher so gelernt:
Kurze Wege zum Ball? Kleine Schritte.
Weite Wege zum Ball? Erst große Schritte, dann kleine Schritte zum Ball hin.
Wir kritzeln in unser Tennis-Tagebuch:
1) Split Step
2) Ab auf die Zehenspitzen
3) Kleine Schritte zum Ball
Ja, jeder Schlag besteht aus verschiedenen Phasen.
Ein Flugzeug hebt nicht direkt ab in Richtung Himmel. Es muss erst Tempo kreieren, bevor es dann abheben kann. Ohne das Kreieren des Tempos könnte es nicht hochsteigen.
Je schneller und dynamischer das Flugzeug anfährt, desto smoother kann es in die Lüfte gleiten.
Bei deinen Schlägen ist es ähnlich.
Je besser deine Schlagvorbereitung ist, desto besser gelingt dir der Schlag. Durch eine verbesserte Schlagvorbereitung stehst du besser zum Ball. Der Abstand zum Ball stimmt. Du hast genügend Zeit, auszuholen und dich zum Ball zu stellen. Dein ganzes Spiel wird ergonomischer, wenn du bei vielen deiner Schläge sauber zur Murmel stehst.
Du kannst nicht zu jedem Ball perfekt stehen. Du kannst deine Schlagvorbereitung aber so gut es dir möglich ist perfektionieren. Und komm, wir Tennisspieler sind kleine Perfektionisten.
Zu dieser Vorbereitung gehören:
Jupp, deswegen ist Tennis so schwer und heißt nicht Curling. Du musst viele kleine Details unter einen Hut bekommen. In kurzer Zeit.
Habe stets im Hinterkopf:
Verbessere kleine Details, um ein besserer Tennisspieler zu werden.
Was kannst du aus diesem Artikel mitnehmen?
Du hast das Geheimnis der ersten drei Schritte zum Ball erfolgreich gelöst. Eine gute Schlagvorbereitung führt dich zu besseren Schlägen.
Du kannst dich auch wunderbar selbst korrigieren, wenn du einen blöden Fehler gemacht hast. Checke sofort, ob etwas bei der Schlagvorbereitung schiefgelaufen ist.
Lass uns zum Schluss die wichtigsten Lehren aus diesem Artikel zusammenfassen:
1) Bleibe im laufenden Ballwechsel immer in Bewegung
2) Nutze den Split Step, um bereit für den nächsten Schlag zu sein
3) Bewege dich auf den Zehenspitzen
4) Bewege dich mit kleinen Schritten zum Ball, damit Timing und Abstand zum Ball möglichst perfekt sind

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