Stell dir vor:
Dein Matchplan ist voll, deine Erwartungen hoch.
Du willst nicht das perfekte Match spielen.
Aber:
Ganz schön viel, oder? Zu viel, wenn du mich fragst. Je voller dein Matchplan, desto schwerer der Rucksack, den du mit ins Match nimmst.
Damit deine Mimik an der Grundlinie in Zukunft nicht vor Wut zittert, legen wir jetzt einen klaren Matchplan fest.
Wir schauen, wie du perfekt vorbereitet den Court betrittst und vom Einspielen bis zum verwandelten Matchball genau weißt, wie du dein Spiel aufziehen kannst.
Dein Matchplan ist nie fest. Er ist flexibel.
Bedeutet:
Du feilst nach jedem Match an deinem persönlichen Matchplan. Du notierst dir, was gut lief - und was nicht.
Hier ein paar Ideen für deine Bespannung:
1) Nutze kleine Post-Its
2) Nutze einen kleinen Block
3) Schreibe dir nach jedem Turniermatch auf, welche Schläge gut funktioniert haben
4) Schreibe dir nach jeden Turniermatch auf, welche Schläge nicht gut funktioniert haben
Du wirst mit der Zeit Tendenzen erkennen. Ich empfehle dir, das Ganze schriftlich festzuhalten. Wenn du mit der Hand schreibst, kann dein Gehirn die Informationen noch besser verarbeiten.
Nach fünf Matches wirst du eine klare Richtung sehen, wie du deinen Matchplan verfeinern und anpassen kannst.
Bevor wir deinen Matchplan erstellen schauen wir uns die Leute an, die es besser machen als wir.
Es ist immer eine clevere Taktik bei den Spielern zu schauen, die wesentlich weiter sind. Björn Borg, Roger Federer und Daniil Medvedev kommen aus unterschiedlichen Generationen. Alle drei Jungs sind beste Beispiele dafür, wie du deinen Matchplan gestalten kannst.
Wir beginnen mit Björn Borg.
Sein Matchplan (vor allem auf Sand) bestand aus einer unfassbar simplen Taktik. Er wusste, dass sein Gemüt dem eines Siddhartha Gautama glich. Dazu wusste er, dass er körperlich topfit war.
Diese beiden Bausteine setzte er für seine Spielweise zusammen.
Geduldig, ausdauernd, konstant.
Bei dir im Verein sagt man dazu auch: Der nervige Mondballspieler.
Björn Borg wusste ebenso, dass er seine Gegner nicht vom Platz schießen konnte. Das entsprach nicht seinem Gemüt.
Im Mentaltraining symbolisiere ich den Matchplan mit einem Rucksack. Du holst einen Rucksack aus deinem Schrank. Diesen Rucksack befüllst du mit allem, was du brauchst.
Der Haken?
Wenn dieser Rucksack zu schwer wird, dann bekommst du im Laufe des Matches Probleme.
Daher ist es deine Aufgabe deinen Rucksack, respektive Matchplan, klug zu packen. Björn Borg packte seinen Rucksack verdammt klug. Er legte nur zwei bis drei Teile hinein und hatte so immer genügend Kraft, um auch lange Matches erfolgreich zu beenden.
So sah sein Matchplan aus:
Wo wir schon beim Mürbe machen sind.
Daniil Medvedev setzt seinen Matchplan ebenfalls simpel zusammen. Er packt in seinen Rucksack zwei unterschiedliche Fleischsorten und ein Gewürz.
Sein Fleisch:
Und dazu das spezielle Gewürz:
3. Wahnsinn
Immer wieder rennt er ans Netz, wechselt plötzlich das Tempo im Ballwechsel oder er spielt Stopps, obwohl dieser keinen Sinn macht. Diese Unberechenbarkeit ist, das ist meine persönliche Einschätzung, ein Teil seines Matchplans. Er will auf diesem Wege die mentale Überlegenheit.
Sein Gegner soll nie wissen, was als nächstes passiert.
Dies schürt Unsicherheit. Brandon Nakashima kann in Bezug auf einen coolen Matchplan noch viel von Daniil lernen.
Dieser Wahnsinn kann ein Teil seiner Persönlichkeit sein. Jeder Spieler bringt immer auch einen Teil seines Charakters mit auf den Court. Es gibt immer wieder Phasen, in denen der Charakter und nicht der Arm die Vorhand schlägt. Hier kann mentales Training helfen.
Lesetipp: 5 mentale Übungen, die dein Tennis verbessern
Was können wir lernen?
Auch Daniil Medvedev gestaltet seinen Plan simpel. Er läuft mit zwei bis drei Ideen auf den Court. Diese Ideen setzt er perfekt um.
Wo wir gerade bei perfekt sind.
Was glaubst du hatte Roger Federer in seinen Rucksack gepackt? Er konnte fast jeden Ball spielen. Allein beim Aufschlag besaß er mehr Variation als manch anderer Spieler in seinem gesamten Schlagrepertoire.
Und dennoch versuchte es der Meister der scharfen Vorhand simpel zu halten. Im Rucksack des Schweizers zu finden war:
Du kannst deinen Matchplan im Kopf erstellen oder auf einem Papier. Gern darfst du auch eine App dazu nutzen. Simplenote ist dafür eine gute Wahl.
Plane deinen Matchplan in ruhigen Minuten. Ohne Stress oder andere Hektik. Wichtig ist, dass du dich als Tennisspieler sowie Charakter klar sehen kannst. Dir hilft dabei deine Geschichte, die du bisher als Tennisspieler geschrieben hast:
Dies können Fragen sein, die dir helfen dich klar zu sehen. Wenn du deinen Matchplan erstellst, solltest du deine Persönlichkeit mit ins Spiel bringen. Wir haben bei unseren Beispielen ein Stückchen weiter oben gesehen, dass große Champions immer mit ihrem Charakter gespielt haben.
Frage dich unter anderem:
Diese Fragen sind Beispiele. Finde deine eigenen Fragen.
Und, was viel wichtiger ist: Finde deine eigenen Antworten ;-)
Dieses Frage-Antwort-Spiel zeichnet deinen Charakter auf dem Court. Im Idealfall lernst du dich besser kennen. Wer sich selbst kennt, der kann besser handeln, Entscheidungen treffen und cooler bleiben. Allesamt Eigenschaften, die dir helfen besser Tennis zu spielen.
Im nächsten Schritt kümmern wir uns um deine spielerischen Stärken und Schwächen. Hier kneifen die meisten Spieler verwirrt die Augen zu. Das ist psychologisch einfach begründet. Niemand stellt sich gern nackt auf den Rathausplatz.
Einen ganz so krassen Striptease musst du nicht vollziehen. Du kommst bei deinem Matchplan aber nicht umher, deine Stärken und Schwächen festzulegen.
Lesetipp: Die Masalo Manschette beim Tennisarm
Definiere klar, wie du im Match die Punkte machst und wie dein Gegner gegen dich die Punkte macht.
So könnte deine Liste an Stärken sein:
Deine Schwächen könnten lauten:
Wenn du diesen Schritt abgeschlossen hast, dann kannst du dich an das Puzzle machen. Im letzten Schritt fügst du deine erarbeiteten Teile so zusammen, dass du ein kleines aber effektives Gesamtbild hast. Dieses Bild ist dann dein Rucksack, dein individueller Matchplan.
Ich möchte dir im letzten Abschnitt ein paar Tipps geben, wie du dein individuelles Puzzle zusammensetzen kannst.
Wir haben von den großen Champions gelernt, dass dein Matchplan simpel sein sollte. So bleibt dein Plan klar, umsetzbar und strukturiert. Sobald du Phasen im Match erlebst, die dich emotional aufwühlen, kannst du dich an deinen Matchplan halten.
Du stehst dann nicht gedanken- sowie orientierungslos an der Grundlinie und weißt nicht, wie du den nächsten Ballwechsel strategisch spielen sollst. Ein Matchplan ist immer auch das weiche, sichere Netz, welches dich auffangen kann.
Ich habe mit meinen Schützlingen während einem Mentaltraining zahlreiche Matchpläne erstellt. Es gibt leider kein Muster, keinen 1:1-Plan, den ich dir einfach so auf den Schläger legen kann. Tennis ist komplex und individuell.
Ja, Tennis ist verdammt schwierig.
Deswegen brauchst du einen Plan, der auf deine Persönlichkeit sowie spielerischen Fähigkeiten angepasst ist.
Überlege immer, was du nicht auf dem Court umsetzen willst. Ich weiß von vielen Spielern, dass sie liebend gern die neuen Spielzüge oder Schlagvariationen aus dem Training sofort im Match umsetzen wollen.
Das kann zu Frust und Niederlagen führen.
Dein Matchplan sollte in den Sandplatz gemeißelt sein. Fokussiere dich auf das, was du bereits sehr gut im Match spielen kannst - und was nicht.
Ich zeige dir mal einen simplen Matchplan als Beispiel.
In diesem Matchplan ist das sichere Spiel (1), die große Stärke im eigenem Spiel (2) sowie eine zweite wichtige Stärke (3) integriert.
Ein Matchplan kann aber absolut variieren. Ein Spieler wie Dominic Thiem beispielsweise sollte sofort versuchen von Beginn an Druck zu machen, seine brachialen Schläge einzusetzen und auf diese Weise das so wichtige Selbstvertrauen aufbauen.
Ein Novak Djokovic hingegen wird viel cross spielen, sich gut bewegen, Rhythmus gewinnen und dann, wenn er sich richtig gut fühlt, das Tempo anziehen.
Du erkennst an diesen Beispielen, wie flexibel du beim Erstellen deines Matchplans sein kannst. Hab Spaß, wenn du deinen Rucksack packst. Analysiere dich selbst genau und denk dran:
Pack deinen Rucksack nicht zu voll.
Was ich früher nach jedem Match getan habe?
Mich geärgert, mich verflucht.
Aber dann habe ich mich mit dem Match beschäftigt. Ich habe genau analysiert, wie mein Gegner seine Punkte gemacht hat. Ich habe überlegt, was ich gut und schlecht gemacht habe.
Nach einigen Jahren Turniertennis habe ich dann die folgende Reflexionsaufgabe in mein mentales Spiel integriert.
Diese geht wie folgt:
Du setzt dich in Ruhe hin, nimmst dir Stift und Zettel, und meditierst über die Frage:
"Wie würdest du spielen, wenn du morgen nochmal das Match gegen genau diesen Gegner spielen würdest?"
Dann machst du ein Brainstorming. Du schreibst jeden Gedanken auf, der dir in den Sinn kommt. Alles. Du überlegst nicht, ob du einen Gedanken aufschreiben sollst. Du schreibst ihn auf.
Gehe so tief wie möglich ins Detail.
Analysiere, wie du dich zu deinen Schlägen bewegen würdest. Wo du dich zum Return positionieren würdest. Wie du servieren würdest.
Nimm alles mit rein.
Wenn du diese Übung korrekt durchgehst, wirst du auf völlig neue Ideen für deinen Matchplan kommen. Du wirst dich als Tennisspieler besser kennenlernen, das Spiel besser verstehen und deine taktische Intelligenz auf spielerische Art und Weise schulen.
Hast du noch Fragen zu deinem Matchplan? Schreibe mir einen Kommentar unter diesen Artikel.
2 Kommentare
13 Wege, dich in einem Match in Zukunft gedanklich zu schützen 👍
Beste Grüße
Marco
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