Wie kannst du dich auf ein Turniermatch vorbereiten?

Marco Kühn
von Marco Kühn

In dieser Premierenfolge des "Kurz Cross" Podcast geht es um die Frage:

Warum verlierst du gegen stärkere Gegner, wenn du doch nahezu jeden schwächeren schlägst?

Schalte ein:


Gehst du falsch informiert in deine Matches?


Mein Name ist Marco und ich begrüße dich herzlich zu dieser Premieren-Folge des Kurz-Cross-Podcasts und ich hoffe, dass noch viele weitere Folgen kommen werden. Denn ich bin ganz ehrlich zu dir, dieser Podcast war wirklich eine absolute Schnapsidee.

Und zwar ging das alles innerhalb von zwei, drei Tagen vonstatten. 

Und zwar bekam ich eine Frage, eine Nachricht, eine E-Mail und da hatte ein Spieler gefragt bzw. hat seine Situation geschildert und erzählte davon, dass er gegen schwächere Gegner sehr regelmäßig gewinnt und gegen stärkere Gegner leider relativ regelmäßig verliert. Und dass ihm aufgefallen ist, dass da eben diese Diskrepanz ist. Also wir haben auf der einen Seite diese hervorragende Quote gegen schwächere Leute, die schwächer eingestuft sind vom Ranking her. Und dann auf der anderen Seite die Problematik, dass man eben gegen die stärkeren Leute, die stärker eingeschätzt werden aufgrund ihres Rankings, immer verliert.

Wie kann das sein?

Ich hab dem dem Leser dann geantwortet und mich ließ aber diese Situation nicht so wirklich los.

Ich habe dann mit meinem Kumpel darüber gesprochen und da kam mir dann die Idee. "Hey!", die Gespräche, die man hier führt, die sind vielleicht auch noch für den ein oder anderen von Relevanz und vielleicht kann der eine oder andere damit auch was anfangen. Und dann habe ich mir gedacht, nimm dir einfach mal diese Frage bzw. diese E-Mail, diese Spielsituation oder Karrieresituation vor. Erzähl da einfach mal was drüber und mach daraus einen Podcast. 

Und ja, da sind wir jetzt. 

Ich hab ein relativ simples Setup. Wenn der ganze Podcast hier eine Zukunft hat, werde ich auch noch versuchen, das zu verbessern. Aber ich hab mir gedacht, bevor man gar nicht startet, dann lieber nicht perfekt starten und so eine Folge einfach mal raushauen. Ich würde vorschlagen, wir gehen einfach mal in diese Karrieresituation von einem Clubspieler. Der spielt jahrelang Tennis, trainiert, spielt mit seinen Kumpels, spielt Mannschaft, spielt Turniere, alles dran. Und was ist das für eine Situation, wenn man dann schon vorher, bevor man auf den Platz geht, sieht dass der Gegner schwächer gerankt ist. Dass der vielleicht auch sogar gegen Leute verloren hat gegen die man locker gewonnen hat. Der Leser war ein Österreicher, da gibt es die ITN Wertung . Wenn diese ITN einfach zeigt: "Okay ich gehe als Favorit auf den Platz und habt das Spiel ja vielleicht sogar schon gewonnen, weil, und das ist der große Unterschied, weil ich schon seit Jahren oder relativ regelmäßig gegen diese schwächeren Leute relativ locker gewinne". 

Es gibt auf der anderen Seite aber auch die Psychologie, dass man sich gegen schwächere Gegner eher so ein bisschen schwerer tut. Man fühlt sich mehr unter Druck gesetzt.

Das liegt meistens aber auch daran, dass eben die eigene Historie, die Match-Historie gegen die schwächeren Leute mit, ich sag mal, so ein paar Baustellen verbunden war, dass man sich dann in vielen Spielen vielleicht schwer getan hat. Vielleicht hat man auch öfters mal gegen schwächere Leute sogar verloren. All das würde ich mit in diese Match-Historie packen. Und das ergibt dann ein Bild vor einem Match, was man vor der Brust hat. Das heißt, alles, was du so schon erlebt hast und alles, was du dir zurecht stalkst, wenn du dir die Ergebnisse deines nächsten Gegners anschaust, wenn du vielleicht sogar irgendwas von ihm gehört hast. Früher bei uns, bei den Jugendrankdisten-Turnieren, da gab es noch gar kein Internet.

Das Bild, das du von deinem Gegner zeichnest

Da hat man über andere Spieler immer nur über Mundpropaganda etwas gehört. Wenn dann ein anderer Spieler sagte: "Boah der Patrick, der spielt aber so und so!" - dann hatte man schon Angst gegen den Patrick zu spielen. Weil er dann ein Image hatte, dass das ein sehr sehr guter Spieler sein muss. Das, was früher diese Mundpropaganda war, das ist heute zu größten Teilen eben dieses Ergebnisse checken. 

Was hat der für ein Ranking? Wie lange spielt er schon Turniere? Spielt er regelmäßig? All das führt dann eben dazu, dass du ja, ich sag mal, so ein Bild zeichnest von diesem Gegner, wo man sich aber die Frage stellen muss, ist dieses Bild, was du da zeichnest, realistisch? Ist das eine gute Matchvorbereitung? Ja, wenn du jetzt hergehst und dir vorstellst, du hast jetzt eine weiße Leinwand, und auf diese weiße Leinwand willst du deinen nächsten Gegner zeichnen.

Und wenn du den da riesengroß zeichnest, mit drei Armen und vier Beinen, dann gehst du natürlich auch schon mit einer ziemlich geduckten mentalen Haltung in dieses Match rein. Auf der anderen Seite, wie in dem Beispiel von unserem Leser, der geschrieben hat: "Hey, gegen die schwächeren Leute habe ich überhaupt gar keine Probleme, dafür verliere ich aber fast immer gegen die Stärkeren!". Da ist das dann wahrscheinlich ein bisschen anders. 

Er zeichnet dann den schwächeren Gegner als relativ klein und denkt sich: "Ja ok, der hat ja nur ein Ranking von xy und gegen die Leute, die habe ich ja in den letzten zwei, drei Jahren locker weggemacht, da kann ich ganz entspannt in das Spiel gehen!". Und da ist dann gar nicht so der Gedanke im Hinterkopf, dass da was schief gehen könnte. 

Das ist eine psychologisch sehr interessante Sache.

Auf der anderen Seite hat man dann aber das Problem, dass wenn du dann gegen den stärkeren Gegner auf den Platz gehst und vorher siehst, oh je, der hat ein Ranking von Yx und gegen diese Leute habe ich bis jetzt noch nie gewonnen, dann zeichnet man ebenfalls dieses Bild von dem Spieler mit drei Armen und vier Beinen, der schier übermächtig scheint und einfach schon bevor ihr überhaupt auf dem Platz steht, einen Einfluss auf dich hat, wie du spielen wirst, ohne dass du den vielleicht vorerst spielen sehen und ohne dass du überhaupt weißt, was für ein Spielertyp das ist. Und das ist der Kerngedanke dieser ganzen Sache. Denn wenn du nur die Ergebnisse nimmst und nur deine Match-Historie nimmst und dir daraus dieses Bild zeichnest, ein Bild in deinem Kopf quasi entwirfst von diesem Gegner, dann hast du schon viele Informationen beisammen, das stimmt.

Aber die Frage ist, sind das die richtigen Informationen, um dir wirklich ein Bild des Gegners zu machen und, das ist viel viel wichtiger, und um dich mental auf dieses Match vorzubereiten? 

Und ich finde, dass diese Informationen aus Ergebnissen, Match-Historie, Ja, vielleicht auch diese Mondpropaganda, die ich angesprochen hatte, dass das alles zwar natürlich Fakten sind, dass das alles stimmt, aber dass das kein allzu großer Bestandteil von deiner Matchvorbereitung bzw. von deiner mentalen Vorbereitung sein sollte. Denn, und jetzt kommen ein paar andere Sachen hinzu, die meiner Meinung nach, wenn ihr dann auf dem Platz steht, einen wesentlich größeren Einfluss haben als das, was du vorher recherchiert hast, gehört hast oder dir auch selbst zusammengereimt hast. Der erste Punkt, Den hatte ich gerade schon angesprochen. 

Das ist nämlich die Spielweise. Was ist das für ein Spielertyp

Welche Stärken, welche Schwächen hat der?

Die entscheidende Frage: Welcher Spielertyp ist das überhaupt?

Ist das ein Mondballspieler, mit dem du super zurechtkommst und die du normalerweise locker wegschießt? 

Ist das ein Defensivspieler, gegen die du wunderbar ans Netz gehen kannst und einfach den Volley abtropfen lässt? Dann ist die Sache ja eigentlich gar nicht so schwierig. Ist das dann aber ein Spielertyp, der dir überhaupt nicht liegt? Dann kannst du, wenn ihr beide auf dem Platz steht und das Match losgeht, relativ böse überrascht werden. Und diese Sachen würde ich immer an erste Stelle stellen. Diese Spielertypen-Frage. Denn diese Frage nach dem Spielertyp, die beantworten dir die Ergebnisse und deine Recherchen und vermutlich auch die Mundpropaganda nicht so wirklich. Das gibt dir nicht so viel Input darüber, wie der spielen wird, was für Schläge der hat. Spielt er mit viel Spin? Spielt er oft Rückhandslice? Schlägt er gut auf? Hat er einen fiesen Kick beim zweiten Aufschlag

Geht er oft ans Netz? Bewegt er sich super? Macht er wenig Fehler? Macht er viele Fehler?

All das kannst du vorher nur sehr schlecht wissen. Und das sind alles so kleine Details, die dann im Match, wenn du gegen ihn spielst, von viel größerer Bedeutung sind. Und der zweite Punkt, auf den ich anführen möchte, ist die Tagesform. Die Tagesform hat beim Tennis einen extrem großen Einfluss, denn du kannst nur sehr schwer über einen bestimmten Zeitraum von 3-4 Monaten immer ein konstantes Niveau spielen. Du wirst immer Spiele haben, wo du besser drauf bist, wo dein Spielniveau einfach höher ist. Unabhängig jetzt vom Ergebnis, ob du gewinnst oder verlierst. Und du wirst auch Matches, Trainingseinheiten, Trainingsspiele dabei haben. wo du schwächer spielst. Das ist völlig normal.

Und wenn du jetzt mit den Recherchen und mit dieser Match-Historie und mit dem Bild, was du dir normalerweise von deinem Gegner zeichnest, in dieses Spiel gehst, Dabei aber gar nicht diesen Spielertypen berücksichtigst und deine Tagesform und natürlich auch die Tagesform deines Gegners, logischerweise, dann gehst du einfach vollkommen fehlinformiert in dieses Spiel. Und wenn du fehlinformiert in dieses Spiel gehst, dann wirst du schnell so eine Unsicherheit spüren, so eine leichte Frustration. Du weißt dir dann im Spiel nicht so wirklich zu helfen, weil du dich fragst, was ist denn hier los, was kann ich denn jetzt machen? 

Und diese Situation, diese mentale Situation im Match, die ist dann sehr schwierig. Denn wenn du so fehlinformiert auf dem Platz stehst, dann ist es sehr, sehr schwierig Lösungen zu finden, weil man sich dann im Kopf völlig automatisch meistens nur mit seinem Problem beschäftigt. Das sind dann so festgefahrene Denk- und Verhaltensmuster.

Zum Beispiel denkst du dann wieder: "Ach ja, das ist ja wieder der bessere Gegner, ich habe ja sowieso keine Chance!". Obwohl du überhaupt gar nicht diese Spielertypen-Tagesform-Frage stellst im Match. Dann kommen vielleicht wieder so Sachen auf wie: "Ja, im Training klappt dies, das, aber im Match, da klappt ja wieder dies und das nicht.". 

Deine Emotionen sind die Grundlage deiner Performance

Und das sind alles Gedanken, problemorientierte Gedanken. Die dann nur dazu führen können, dass du dich im Match schlechter fühlst. Und wenn du dich schlechter fühlst, dann wirst du auch unweigerlich schlechter spielen. Nehmen wir mal ein Beispiel. Du wirst dann sehr angespannt und sehr nervös, wenn du siehst, Mein gegner der scheint besser zu sein und ich scheine wieder keine chance zu haben gegen diesen besseren spieler. Und dann denkst du wieder darüber nach: "Okay das ist mir schon so oft passiert".

Dann tappst du immer weiter rein in diesen Keller, wo es quasi nur negative Gedanken gibt, nur Probleme, aber keine Lösungen, kein Licht. Und wenn du in diesem Keller einmal drin bist, dann ist es sehr, sehr schwierig da wieder rauszukommen.

Irgendwann macht dann einer von oben die Tür zu und dann kannst du nichts mehr machen. 

Und deine Herausforderung im Match besteht dann darin, dass wenn du merkst, okay, ich gehe jetzt gerade hier diese Treppe in diesen dunklen Keller runter, ich denke nur negativ, ich denke nur mal meine Probleme nach, dass dir das erstmal auffällt, dass du nur problemorientiert denkst. Und wenn du dann das checkst und dir sagst: "Okay, Moment mal, das bringt mir alles nix, ich gehe mal weiter in diesen dunklen Keller rein, Ich muss mal wieder ein paar Stufen hoch gehen und erstmal jetzt mal überlegen, was passiert denn hier überhaupt in den Ballwechseln. Wie macht denn der Gegner die Punkte?".

Wie verlaufen die Punkte? Bewege ich mich gut? Mache ich viele Fehler? Spiele ich viel zu kurz? Solche Sachen. Diese Fragen, die führen fast immer zu lösungsorientierten Gedanken, egal wie es dir im Match geht. Dieses Phänomen sieht man oft, wenn das Spiel schon quasi gelaufen ist und es steht, weiß ich nicht, 6-1-4-1 oder so. Dann denkt der Spieler, der 6-1-4-1 hinten liegt, gar nicht mehr über seine Probleme nach, weil er denkt: "Okay, die Sache ist ja sowieso gegessen!". Und dann kann er lockerer spielen. Das sind diese zwei Zustände. Entweder denkst du in Lösungen oder du denkst gar nicht. Gar nicht zu denken ist beim Tennis unfassbar schwierig. Das ist dann wirklich nur in diesen Extremsituationen, wo schon dann eine Menge gelaufen ist. Aber wenn du lösungsorientiert denkst und wieder aus diesem dunklen Keller hinaus kommst, dann kannst du beginnen, auf die Situation im Match aktiv reagieren zu können.

Und das ist ein wesentlich besserer Pfad, als immer weiter runter in diesen dunklen Keller zu gehen. Und der Kerngedanke, den ich hinter diesem Podcast bzw. hinter dieser Geschichte von dem Spieler, der sagt, okay, gegen schwächere Leute gewinne ich immer, gegen bessere verliere ich immer. 

Der Kerngedanke ist, dass man sich selbst bei seinen individuellen negativen Gedanken ertappt, wenn man im Match steht. Ich glaube, dass das ein sehr, sehr wichtiger Schritt ist, den viele Spieler gar nicht so merken. Sie merken das nicht, dass sie immer weiter in diese dunklen Keller hineingehen. Und wenn du aber in deinem nächsten, sagen wir, Trainingsspiel oder auch Trainerstunde, auch wenn du eine Trainerstunde spielst und da schlägst du meistens viel mehr Bälle, als wenn du ein Training satt spielst, da wirst du immer mehr Bälle dabei haben, die nicht laufen, die nicht funktionieren, wo dir dann auch irgendwann mal so der Rhythmus abhanden kommt.

Und wenn du dann sagst: "Moment mal stopp, ich höre jetzt mal auf zu denken!". Das ist genau der Gedanke, den du brauchst, um besser denken zu können und dann auch um dich besser fühlen zu können auf dem Platz. Bei deinen Bewegungen zum Ball, bei deinem Aufschlag. Die Aufschlagbewegung ist eine sehr komplizierte Bewegung, die abhängig vom Gefühl des Spielers ist. Wenn du extrem nervös und ängstlich im Match bist, dann siehst man dir schon an der Aufschlagbewegung an, dass du eben ängstlich und nervös bist. 

Deswegen hat deine emotionale Lage einen unglaublich großen Einfluss auf zum Beispiel deine Aufschlagbewegung. Und wenn du das schaffst in deinem nächsten Trainingsspiel, Training, Match, whatever, wenn du dich dabei ertappst, dass du nur negativ denkst oder runter in diesen Keller gehst, dann hast du einen richtig guten Punkt für dich gewonnen. Einen Punkt im mentalen Match sozusagen.

Das waren meine Gedanken zu der Situation des Spielers, der gegen schwächere Leute locker gewinnt, oft gewinnt, gute Quote hat und gegen stärkere Leute wahrscheinlich auch oft im Kopf bereits vor dem Match verliert.

Und dann im Match immer weiter in diesen Keller hineinsteigt und dann irgendwann so ein bisschen den Faden zu sich und der Match verliert, obwohl er gegen die stärkeren Leute vielleicht rein spielerisch, rein vom Niveau her, rein was die Qualität betrifft, echte Chancen hätte. Das waren meine Gedanken dazu. Das war die erste Folge. Wenn dir das Ganze gefallen hat, kannst du mir gerne eine Nachricht schreiben, mir dein Feedback geben, wenn du möchtest. Und wenn das Ganze ganz gut ankommt, dann werde ich mir für die nächste Folge eine weitere Leser-Nachricht vornehmen.

Und ja, ich würde sagen, bis dahin! Ja.


Marco Kühn
Marco Kühn
Marco ist an der Grundlinie groß geworden, ehemaliger Jugendranglistenspieler und heute Tennis-Mentaltrainer für Hobby-Turnierspieler, Jugendspieler und Profispieler. Er publizierte Fachartikel für tennisnet.com, tennisMAGAZIN, Tennis-Point und den Focus.

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