“Tennis ist ein undankbarer Sport!”.
Den Satz sagte mir ein sehr guter Kumpel, nachdem er beim letzten LK-Turnier im Champions-Tiebreak einen Matchball verbaselte und anschließend das Match verlor.
Es war ein einfacher Volley.
Er hätte diesen nur noch reindrücken müssen. Kein schwieriger Schlag. Im Training versenkt er den mit Augenbinde und Bratpfanne.
Tja, im Match?
Nicht.
Du kannst ein famoses Match gespielt haben. Du kannst über weite Strecken des Matches der klar bessere Spieler gewesen sein.
Ein, zwei falsche Entscheidungen im Champions-Tiebreak, und du darfst als Gratulant am Netz stehen.
Kein schöner Moment.
Der Champions-Tiebreak ist eine Lotterie. Du kannst dich mit deinem Gegner auch ins Clubhaus an einen Tisch setzen und knobeln.
Es sei denn, du machst dir einen gezielten Plan für den CT. Es sei denn, du gehst smart vorbereitet in diese Match-Entscheidungen, die den Blutdruck noch vor dem ersten gespielten Punkt nach oben peitschen.
In diesem Artikel besprechen wir, wie du mit mentaler Fitness und taktischer Finesse den Champions-Tiebreak attackierst.
Wie ein Champion.
Der Champions-Tiebreak ist die schnelle Entscheidung bei Satz-Gleichstand.
Du kannst den CT auch Match-Tiebreak nennen.
Früher wurde in Medenspielen der dritte Satz als normaler Satz gespielt. Der Champions-Tiebreak, oder Match-Tiebreak, hat sich im Amateurbereich mit der Zeit durchgesetzt. Er verkürzt die Spiele, ohne den Matches dabei die Spannung zu nehmen.
So müssen die Spieler am Wochenende nicht den ganzen Tag auf der Auswärtsanlage des gegnerischen Teams verbringen, bevor es am Montag wieder zur Arbeit geht.
Vor allem im Seniorenbereich wird der Champions-Tiebreak, kurz CT, häufig gespielt.
Der Champions-Tiebreak ist dabei ein ganz normaler Tiebreak, der aber bis zehn statt nur bis sieben gespielt wird. Die Seiten werden, wie im normalen Tiebreak, nach allen sechs Punkten gewechselt. Diese Seitenwechsel finden schnell statt.
Sollte es im Champions-Tiebreak 9:9 stehen, gewinnt der Spieler, der zuerst zwei Punkte Vorsprung hat.
Klingt nach einer nervenaufreibenden Sache, nicht wahr? Und das ist sie auch. Der Champions-Tiebreak ist tatsächlich 80 % Kopf. Man könnte auch sagen:
Im CT spielt der Kopf die entscheidenden Vorhände. Nicht der Arm.
Aber was kannst du in dieser Sudden-Death-Entscheidung aktiv tun, um mental stabil zu bleiben? Lass uns schauen, was es im mentalen Schrank an Medikamenten gibt.
Wir haben vorhin kurz besprochen, dass der Kopf im Champions-Tiebreak die entscheidende Waffe ist.
Bist du frei und klar im Kopf, läuft der Arm locker. Denkst du zu viel nach, lässt du dich von der Spielsituation zu sehr einschüchtern, dann verkrampft dein Arm.
Studien haben herausgefunden, dass Atemtechniken sofort deinen Puls regulieren und senken können.
Mit einem niedrigen Puls sinkt automatisch auch die Anzahl deiner Gedanken in deinem Kopf. Sinkt die Anzahl deiner Gedanken in deinem Kopf, verbessert sich der lockere Schwung deiner Vorhand. Wir müssen keine Mathestrategen sein, um zu ahnen: Das ist eine verdammt coole Gleichung.
Hier eine kleine Routine:
Das ist eine simple Routine, die im Champions-Tiebreak deine Nerven kontrollieren kann. Mit weniger Murks im Kopf spielt es sich dann doch einfacher.
Eine weitere mentale Technik ist das Fokussieren auf lösungsorientierte Gedanken.
Klingt komplex, ist es aber nicht.
Schau:
Du kannst im Champions-Tiebreak allerlei Quatsch denken und diesen Quark dann auch glauben. Die Spielsituation an sich ist Druck. Warum also sich selbst noch mehr Druck machen?
Wir Tennisspieler sind Meister darin, negativ zu denken.
Wir können die beste Vorhand unseres Lebens gespielt haben. Für uns ist das dann “Normalform”. Wenn der Druck größer wird, dann wird diese Negativität proportional zum Druck größer.
Versuche dich auf die taktischen Lösungen, nicht auf deine Probleme, zu fokussieren.
Das kann man auch “Play to win”-Routine taufen, wenn man möchte.
Denke nicht: “Oh Gott, hoffentlich spielt mir mein Gegner nicht auf die Rückhand!”.
Denke lieber: “Okay, jetzt gut bewegen, Ball anschauen und zwischen T- und Grundlinie spielen!”.
Spürst du den Unterschied? Durch das problemorientierte Denken entsteht eine negative Energie. Durch das positive Gedankenkonstrukt entsteht eine positive Energie.
Welche Energie passt dir besser im CT? Ich denke, wir sind uns da einig.
Wir halten fest:
Champions-Tiebreak bedeutet für dich maximalen Druck.
Um diesen Druck zu regulieren, kannst du smarte Entscheidungen treffen. Der leider schon fast in Vergessenheit geratene Andy Murray war früher einer der besten Aufschläger, ohne ein starker Aufschläger zu sein.
Wie geht das? Wie konnte ein Spieler, der im Grunde schwach servierte, ein starker Aufschläger sein?
Murray servierte unglaublich variantenreich. Klar, er spielte nach seinem Aufschlag auch sehr gut weiter. Aber er musste mit seinem im Grunde schwachen Aufschlag den Gegner erst zu einem schwächeren Return zwingen, um gut weiterspielen zu können.
Das war der Trick an der Geschichte.
Wie servierte Murray, um schwache Returns zu provozieren?
Murray nutzte dazu eine völlig unterschätzte Aufschlagvariation, die jedem Spieler auf diesem Planeten weiterhelfen kann. Sei es Anfänger, Profi oder Ü-70-Haudegen.
Murray servierte seinen ersten Aufschlag mit Slice in den Körper des Gegners. Jepp, den ersten Aufschlag spielte er so, nicht den zweiten. Damit erhöhte er seine Quote beim ersten Aufschlag, sammelte Selbstvertrauen und gab dem Gegner einen schwierigen Return.
Eine coole Kombination.
Im Champions-Tiebreak hast du wenig Raum für Fehler. Jede falsche Entscheidung, jeder Fehler, kann der entscheidende Fehler zu viel sein. Da ist die Variation mit dem Slice beim ersten Aufschlag doch eine Option, oder nicht?
Du senkst das Risiko, über deinen zweiten Aufschlag gehen zu müssen. Du gibst dem Gegner eine Aufgabe. Du sammelst Punkte für dein Selbstvertrauen.
Beim Return kannst du ebenfalls strategisch vorgehen.
Leider sehe ich das heutzutage bei Turnieren viel zu selten. Wir haben früher im Verbandstraining gelernt, den zweiten Aufschlag des Gegners zu attackieren. Das begann mit der Körpersprache. Du stellst dich automatisch zwei Schritte weiter nach vorn, wenn dein Gegner über den zweiten Aufschlag gehen muss. Du zeigst Präsenz, du tänzelst, du gehst in den Blickkonakt.
Das macht was mit deinem Gegner.
Dann nimmst du den Return früh. Du gehst aktiv auf den Ball zu. Das heißt nicht, dass du Harakiri spielen sollst. Kontrollierte Offensive, ohne zu viel Gefühl beim Schlag zu verbrennen.
Diese Return-Variation kann dir den entscheidenden Vorteil im Champions-Tiebreak bringen. Bleib dieser Taktik treu. Attackiere, körperlich wie auch spielerisch, den zweiten Aufschlag deines Gegners.
Matchorientiertes Training hilft dir, Spielsituationen zu “proben”.
Ähnlich eines Schauspielers, der zunächst Zuhause in seinen eigenen vier Wänden probt, bevor er zum Set fährt. Bei dir wäre das Zuhause das Trainingsspiel und das Set das Meden- oder Turniermatch.
Spiele Champions-Tiebreaks im Training.
Starte bei einem speziellen Spielstand, der eine spezielle Matchsituation simuliert. Viele Spieler haben Probleme, die Führung nach Hause zu spielen. Du kannst die Simulation zum Beispiel bei 4:1 für dich starten. Du kannst ganz normal den CT spielen. Du kannst aber auch einen Rückstand oder enge Entscheidungen simulieren.
Starte dazu den CT bei 7:7 oder auch gerne bei 7:8 aus deiner Sicht.
Bekommst du ein Gefühl dafür, wie du den Champions-Tiebreak trainieren kannst?
Sehr gut.
Nutze diese Simulationen auf unterschiedliche Weise.
a - Denke dich in eine echte Matchsituation. Stelle dir ein 13-Mann-Publikum am Spielfeldrand vor. Versuche, die echte Matchsituation in deiner Simulation zu “fühlen”.
b - Probiere unterschiedliche Spielzüge aus. Sieh die Simulation wie ein Training und teste, teste und teste.
Nach deinen Simulationen kannst du die Phasen des Champions-Tiebreak analysieren.
Die Analyse wird bei Clubspielern völlig unterschätzt. Nach einem Match oder Trainingsspiel geht es an die Theke, zwei Bierchen werden geschlürft und das Spiel ist vergessen. Was traurig ist, da in der Analyse die hervorragende Option zur Verbesserung versteckt ist.
Analysiere, wann du deine Vorhand wie gespielt hast. Warst du bei den Big-Points vorsichtiger und zu kurz? Wann hast du Fehler gemacht und wann hat dein Gegner Fehler gemacht?
Welche Aufschlagvariationen hast du bei welchem Spielstand genutzt? Hast du überhaupt irgendwelche Aufschlagvariationen genutzt? Oder hast du nur “blind” serviert?
All die Antworten auf diese Fragen liefern dir kleine Matchpläne für den Champions-Tiebreak.
„Wie gehe ich mit leichten Fehlern im Champions-Tiebreak um?“
Je schneller du diese abhaken, desto besser.
Der CT verzeiht wenig Fehler. Er verzeiht aber keine langen mentalen Löcher. Wenn du dich über einen Fehler zwei Minuten aufregst, dann kann das drei oder vier weitere leichte Fehler zur Folge haben.
Willst du das?
Willst du deinem Gegner neben dem einen ärgerlichen Fehler noch weitere Geschenke machen, weil du dich nicht im Griff hast?
Ich denke nicht.
“Wann spiele ich aggressiv im CT und wann nicht?”
Richte dich nach deinem Selbstvertrauen.
Fühlst du den Ball gut im Schläger, gib mehr Gas in der Rally. Fühlst du dich wackelig, gehe vom Gaspedal herunter. Denke aber daran, dass du vermutlich mehr Fehler machen wirst, wenn du Fehler vermeiden willst.
Klingt verrückt, ist aber nicht selten die Realität. Schwinge auch dann locker durch, wenn du die Murmel im Spiel halten willst.
Gehe in die Knie, halte deine Körperspannung und gehe beim Schlag durch den Ball. Das Schlimmste, was dir im Champions-Tiebreak passieren kann, ist Angst. Angst führt fast immer dazu, dass der Spieler aus dem Schlag heraus geht, den Ball in Rücklage trifft und damit die Kontrolle über sein Spiel verliert.
“Wie vermeide ich Doppelfehler im Champions-Tiebreak?”
Gut, dass du fragst.
Im CT rate ich dir, mehr Slice-Aufschläge als ersten Aufschlag zu spielen. Du erinnerst dich an Andy Murray und seine Taktik beim Aufschlag aus diesem Artikel? Je mehr erste Aufschläge du ins Feld spielst, desto weniger musst du über deinen zweiten Aufschlag gehen. Folglich gibst du dir die Chance, weniger Doppelfehler zu machen.
Hier gilt Ähnliches wie bei deinen leichten Fehlern. Selbst wenn dir mal ein Doppelfehler von der Bespannung flutscht, bleib cool. Lass dich nicht emotional von einem Doppelfehler kontrollieren.
Wir halten fest:
Trainiere den Champions-Tiebreak im Training. Simuliere Spielsituationen und unterschiedliche Spielstände. Nutze unbedingt die Analyse. Prüfe, wie deine Schlagauswahl war, wie du servierst hast und wie du in den unterschiedlichen Phasen des Champions-Tiebreaks gedacht hast. Wo war dein Fokus, wenn die Big-Points gespielt wurden?
Attackiere den zweiten Aufschlag deiner Gegner. Zeige Präsenz, indem du zwei Schritte nach vorn rückst.
Das ist Winning Ugly im Champions-Tiebreak.
Hake ärgerliche Fehler und Doppelfehler sofort ab.
Liest sich leichter, als es ist. Aber denke immer daran, dass du nicht der Weihnachtsmann bist und nach einem Fehler aufgrund deines Ärgers nicht noch mehr Geschenke verteilen solltest.
Und mental?
Mal gewinnt man, mal verliert man. Du kannst aber immer dein Bestes geben.
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