Hohe Bälle sind wie Small-Talks.
Man wünscht sich, dass es schnell vorbei ist mit dem Graus.
Aber es passiert das Gegenteil.
Es geht immer weiter, und weiter, und weiter ...
Die Frage ist:
Wie kannst du hohe Bälle möglichst mühelos kontern? Im Idealfall so, dass du deine Nerven über die gesamte Länge eines Matches behältst?
In diesem Artikel lernst du, wie du deine Beinarbeit nutzen kannst, um hohe Bälle mit Leichtigkeit zu kontern. Wir gehen dabei ein simples Konzept durch, das du direkt in deinem nächsten Spiel anwenden kannst.
Hohe Bälle gegen Mondballspieler zu kontern ist eine charakterliche Herausforderung. Nicht so sehr eine spielerische. Der Mondballspieler packt dich immer mehr an deinen Nerven, als an deinem Spiel.
Bist du bereit hohe Bälle in Zukunft mühelos zu kontern?
Hohe Bälle sind Schläge deines Gegners, die mindestens zwei Meter über das Netz fliegen, kaum Spin haben und zwei Zentimeter vor deiner Grundlinie eintrudeln.
Der Albtraum eines jeden Spielers, der einfach nur eine schöne Kugel spielen will.
In manchen Matches bekommst du Nackenschmerzen vom Anschauen des hohen Balles. Früher sagte ein Scherzkeks aus unserem Verein zu hohen Bällen:
"Gleich liegt da Schnee drauf!".
Du merkst schon, das klingt nach einer ganze Menge Spaß - nicht!
Spielertypen, die diese Art des Gruseltennis pflegen, nennt man auch gern Mondballspieler, Schupfer oder Löhmer-Heinis.
Hohe Bälle nehmen das Tempo aus dem Ballwechsel und fordern von dir ganz neue Qualitäten.
Welche Qualitäten das sind?
Hier ein paar Beispiele:
Wir werden gleich Strategien besprechen, damit du hohe Bälle in Zukunft problemlos kontern kannst.
Hohe Bälle sind Gift für spielerisch starke Spieler, die gerne Druck machen, offensiv agieren und attackieren.
Warum ist das so?
Leider ist es fast egal, wie ausgefeilt deine Schlagtechnik bei Vor- und Rückhand ist. Bei hohen Bällen unterlaufen technisch starken Spielern viel mehr Fehler als bei einem höheren Tempo im Ballwechsel.
Was uns zum nächsten wichtigen Punkt führt.
Du kennst das.
Du öffnest die neue Balldose, riechst an den Filzkugeln, marschierst Richtung Grundlinie, säuberst mit deinem rechten Fuß diese Grundlinie und spielst locker-flockig die ersten Bälle mit deinem Spielpartner.
Normales Tempo, mit Rhythmus, um in den Schlag zu kommen.
Hohe Bälle zerstören dieses "normale" Tempo. Sie zerstören deinen Spielfluss, deinen Rhythmus. Dir wird etwas genommen, was du als Tennisspieler sehr gerne hast.
Nein, nicht nur Siege.
Es wird dir vor allem das Tempo genommen, das du so gern vom gegnerischen Schlag mitnimmst. Ich sehe immer wieder sehr viele Spieler, die sehr viele Fehler auf sehr langsame Bälle des Gegners machen.
Das hat nichts damit zu tun, dass diese Spieler nichts drauf oder einen schlechten Tag erwischt haben. Nein, nein. Hohe, langsame Bälle müssen ganz anders behandelt werden, als normale, schnelle Bälle.
Wir gehen gleich noch weiter auf diese Thematik ein.
Ich habe in meiner Karriere und als Zuschauer zig verschiedene Versionen von Mondballspielern gesehen.
In den 90ern spielte ich bei einem Ranglistenturnier in Dortmund gegen einen jungen Spieler aus Lippstadt. Sein name war Simon.
Die ersten drei Aufschlagspiele, bis zum 3:0 aus meiner Sicht, war es ein ganz normales Match. Simon spielte eine giftige Vorhand mit viel Spin, machte dabei aber auch einige Fehler. Seine Rückhand spielte er super konstant, ruhig und abgeklärt, ohne viel Tempo, lang vor die Grundlinie.
Da mein Paradeschlag schon immer die Rückhand-Longline war, konnte ich mit exakt diesem Schlag die Ballwechsel öffnen und dann mit meiner Vorhand die Punkte aufbauen.
Das klappte bis zum 3:0 wunderbar.
Dann setzte sich der Coach, Vertraute, wer auch immer, zu meinem Gegner auf die Bank. Er flüsterte ein paar Wörter in dessen Ohr. Allein diese Szene regte mich innerlich auf. Sie brachte mich aus dem Rhythmus.
Vor allem aus meinem Denk-Rhythmus.
Als hätte die Turnierleitung meinen Gegner ausgetauscht, spielte Simon plötzlich jeden Ball ohne Drall, ohne Tempo, einfach nur langweilig und hoch und langsam auf meine Rückhand.
Ab diesem Zeitpunkt spielte ich von hinten aus dem Zaun. Da mein Gegner wirklich alles andere als ein schlechter Tennisspieler war, nutzte er meine kurzen Schläge auf seine Mondbälle, um die Punkte mit seiner giftigen Vorhand zu machen.
Ich schrie, fluchte, schmiss den Schläger und hätte am liebsten meinem Gegner und seinem Tennis-Flüsterer den Hals verdreht. Ich holte noch exakt zwei Aufschlagspiele und ging mit einer krachenden 4:6 und 1:6 Niederlage vom Platz.
Das sind die Mondballspieler-Typen, die richtig gefährlich sind.
Sie nutzen Mondbälle taktisch, um den Rhythmus des Spiels zu verändern.
Auf der anderen Seite gibt es Mondballspieler, die diese Art Tennis spielen, weil sie nicht anders Tennis spielen können. Diese Leute sind wesentlich leichter zu schlagen, weil ihnen schlicht die Variation und die Waffe in ihrem Spiel fehlt.
Wir kommen jetzt zu deinen Füßen. Besser gesagt zu deiner Beinarbeit und wie dir diese hilft, hohe Bälle mühelos zu kontern.
Klopf dir kurz die Asche von den Grätensholen.
Es geht weiter, Vamos!
Langsame, hohe Bälle zu kontern ist mehr eine Denksport- als eine Technikaufgabe.
Du musst bedenken:
Dein Gegner gibt dir kein Tempo, das du mitnehmen kannst. Du musst bei hohen Bällen selbst das Tempo kreieren.
Das ist keine leichte Aufgabe.
Wie kannst du Temo selbst kreieren?
Durch deine Beinarbeit und deine Stellung zum Ball. Ich möchte dir jetzt ein simples Prinzip auf dein Racket legen. Dieses Prinzip kannst du selbständig in deinen Spielen anwenden.
Wie lautet dieses Prinzip?
Schau:
Entscheide bei jedem einzelnen Schlag, ob du den hohen Ball im Steigen oder im Fallen treffen willst.
Wir können es auch wie folgt formulieren:
Gehe auf den Ball zu oder lass ihn austrudeln. Bei beiden Strategien ist deine Beinarbeit entscheidend.
Aber warum ist die Beinarbeit bei hohen Bällen so wichtig für dich?
Ganz einfach: hohe Bälle verlangen von dir, dass du in die Aktion kommst. Du musst heiß auf den Ball sein, ihn fokussiert anschauen und Körperspannung aufbauen.
Nur weil der Ball langsam auf dich zukommt heißt das nicht, dass du dich auch langsam auf den Ball zubewegen darfst. Das ist der große Denkfehler bei hohen Bällen.
Du erinnerst dich. Wir haben ein paar Zeilen weiter oben darüber gesprochen, wie sehr Mondbälle eine Denksportaufgabe sind.
Wir gehen ein Beispiel durch.
Du servierst bei 15:15 deinem Gegner auf dessen Rückhand. Dieser löhmert die Kugel lang, hoch und langsam auf deine Rückhand. Jetzt hast du die Möglichkeit ziemlich viele Fehler auf einmal zu machen.
Dazu gehört:
All das, davon bin ich überzeugt, sind Ziele des Mondballspielers. Sei es bewusst oder unbewusst.
Eine viel bessere Strategie ist es, dass du das eben gelernte Prinzip einsetzt. Entscheide schnell, ob du die Kugel im Steigen oder Fallen spielen willst.
Starte mit deiner Schlagvorbereitung.
Dann:
Dieser Ablauf ist das genaue Gegenteil von dem, was der Mondballspieler will. Ich bin fest davon überzeugt, dass Ruhe und Coolness bei hohen Bällen eine psychologische Wirkung auf den Löhmer-Heini haben.
Wenn dieser spürt, dass du vollkommen entspannt bist und auch 123 Mondbälle in Serie zurückspielen würdest, dann wird der Mondballspieler nervös und genervt.
Und nicht du.
Machen wir uns nichts vor.
Kein Mensch auf diesem Tennisplaneten kann immer cool und konzentriert bleiben, wenn es gegen den typischen Mondballspieler geht.
Das ist auch gar nicht deine Aufgabe und sollte auch niemals dein Ziel sein. Dein Ziel ist es, dass du von zehn Ballwechseln sechs bis acht cool bleibst.
Was bedeutet cool bleiben im Detail?
Du gehst nicht direkt beim ersten oder zweiten Schlag in der Rally auf den Winner. Du wartest geduldig ab, bis sich die passende Situationen für einen Vorhandschuss ergibt. Das ist im Regelfall ein zu kurz geratener Mondball deines Gegners.
Welche Regeln können wir für einen Vorhandschuss festlegen?
1) Du stehst beim Schlag im Feld
2) Du bist von einem längeren Ballwechsel nicht außer Atem
3) Du planst den Vorhandschuss, du spielst ihn nicht aus Verzweiflung
Wir haben in diesem Artikel viele kleine Details besprochen, damit du in Zukunft hohe Bälle mühelos kontern kannst.
Ich möchte dir als kleine Zusammenfassung eine Checkliste mitgeben, die du direkt in deinem nächsten Spiel anwenden kannst. Trainieren geht über studieren. Entscheidend ist, dass du in die Umsetzung kommst, deine eigenen Erfahrungen mit den Tipps und Tricks sammelst und darauf aufbauend dein Spiel verbesserst.
Bedenke, dass beim Tennis sehr wenige Dinge von heute auf morgen funktionieren. Du solltest bei deiner Entwicklung stets mehr in die Tiefe als in die Breite gehen. Wende die in diesem Artikel vorgestellten Ideen in möglichst kleinen Happen an.
Nimm dir zum Beispiel nur einen Schritt deiner Beinarbeit vor. Den Schritt, den du auf den Ball zu machst. Perfektioniere diesen einen Schritt und du wirst viel besser zu deinen Schlägen stehen.
Was passiert, wenn du besser zum Schlag stehst?
Exakt. Du triffst den Ball früher, kannst besser und lockerer durchschwingen, deine Fehlerquote sinkt und deine Power im Schlag steigt - wie bei Jiri Lehecka. Das sind eine ganze Menge an Vorteilen, die du mit nur einer einzigen Verbesserung erzielen kannst.
Das ist doch ein ganz guter Deal, oder nicht? ;-)
Alles klar, hier ist die Checkliste:
1) Langsame Bälle des Gegners bedeuten nicht, dass du dich auch langsam auf diese Bälle zubewegen sollst. Das Gegenteil ist der Fall. Viele kleine Schritte zum Ball hin, Körperspannung aufbauen
2) Sei heiß auf die Kugel. Geh ran, schaue den Ball fokussiert an
3) Entscheide vor jedem Schlag, ob du den hohen Ball im Steigen oder Fallen spielen willst
4) Gehe erst auf den Vorhandschuss, wenn du im Feld stehend einen zu kurzen hohen Ball des Gegners attackieren kannst
5) Setze dir nicht als Ziel, jeden Ballwechsel gegen Mondballspieler perfekt spielen zu wollen. Setze dir als Ziel, sechs bis acht von zehn Ballwechseln ruhig und konzentriert zu spielen
Unter uns:
Direkt alles aus diesem Artikel umsetzen zu wollen, das ist keine gute Strategie. Ich würde an deiner Stelle in kleinen Schritten vorgehen.
Du kannst beginnen im Kopf die so wichtige Entscheidung bei jedem Schlag zu treffen:
Nimmst du den hohen Ball im Steigen oder im Fallen?
Allein dieser erste Step wird dein Spiel gegen Mondballspieler verbessern. Achte darauf, das kann bereits der zweite Schritt sein, dass du cool bleibst. Lass dich nicht zu früh zu riskanten Schlägen verleiten.
Gehe die hohen Bälle mit. Warte geduldig auf deine Chance, das Tempo anzuziehen.
Das ist ein Mini-Matchplan, auf dem du aufbauen kannst.
6 Kommentare
Was Mondballspieler auch nicht unbedingt mögen, sind Slice-Bälle, gerne auch kurz und flach gespielt, da kommen Sie mit dem Schläger nicht mehr so gut unter den Ball.
Liebe
Christian
danke für dein Feedback. Das ist korrekt, Spaß macht das alles ganz und gar nicht 😉
Beste Grüße
Marco
danke für dein Feedback und viel Spaß mit der Checkliste.
Beste Grüße
Marco
super Artikel. Und das Problem mit den "Moonballern" kennt wohl Jeder. Tatsächlich hatte ich bisher in allen meinen Vereinen immer einen dieser Spieler als Team Mitglied. Im Training konnte ich also gut auf diese Spielweise eingehen.
Denn: Gefährlich wird es wenn Du als nicht Mondballer versuchst dieses Spielchen mitzugehen. Das verliert man IMMER. Vielmehr geht es darum das Spiel von ihm kaputt zu machen. Einige der Optionen hatte ich bereits bei mir im Blog beschrieben: https://www.sandplatz-tennis.de/1006/was-du-gegen-mondbaelle-tun-kannst/
Dort erkläre ich insbesondere, dass wir uns in viel Geduld üben müssen. Extrem viel Geduld!
Dazu ein kurzes Beispiel aus einem Punktspiel von uns im Sommer. Mein oben besagter Kollege spielte bei uns an 3. Er kann durchaus Tennis spielen, kraftvoll und ist fit. Bei ihm schaltet sich aber in der Regel wenn es nicht läuft der Kopf ein. Nachdem er also früh im ersten Satz 1:4 hinten liegt, legt er los mit den hohen Bällen.
Am Ende verliert er den ersten Satz dann noch 3:6 in etwas über einer Stunde. Im zweiten Satz hatten seine Balle nur noch Höhe und fast kein Tempo. Der Gegner schimpfte schon wie ein Rohrspatz und machte Fehler um Fehler.
Mein Kollege gewinnt den zweiten Satz knapp mit 6:4 in einer weiteren Stunde. Der MT dauerte sage und schreibe fast 30 Minuten. Am Ende waren alle Beteiligten froh, dass dieses Match vorbei war. Denn das machte von Außen ebenfalls keinen Spaß zu zu sehen. Allerdings hat er seinen Gegenspieler mit der Spielweise niedergerungen, obwohl der Gegner technisch um Längen besser spielte.
Fängt Jemand also an hohe Bälle zu spielen, müssen wir uns auch darauf einstellen, dass so ein Match mal 3-4 Stunden dauert. Die wenigsten Amateure tun das. Sie hämmern drauf und wollen es erzwingen, haben keine Geduld und wundern sich dann, warum sie verloren haben.
Wer die Geduld aufbringt, spielt meiner Meinung nach deutlich besseres Matches gegen diesen Spielertyp und wird definitiv häufiger als Sieger den Platz verlassen.
Viele Grüße
Ronny
danke für deinen tollen Kommentar!
Beste Grüße
Marco
Was denkst du?